Mittwoch, 20. November 2019

Vertrauen oder Kontrolle? Nach dem Mord an Fritz von Weizsäcker


Eine unzeitgemäße Betrachtung von Raimund Vollmer

Aus einer Ausstellung, die der Autor dieser Zeilen im Jahr 2000 gemacht hat.
"In welcher Welt leben wir?" fragt sich der FDP-Vorsitzende Christian Lindner nach der gestrigen Ermordung seines Parteifreundes Fritz von Weizsäcker, Sohn unseres früheren Bundespräsidenten. "Wir gehen völlig falsche Wege, aber ich werde aus dem Jenseits nicht schadenfroh sein", hatte vor vielen, vielen Jahren der Schriftsteller Wolfgang Koeppen (1906-1996) diagnostiziert. Und die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' veröffentlicht heute die Ergebnisse einer Allensbach-Umfrage, die auf einen dramatischen Verfall des Vertrauens in die Politik und in die staatlichen Institutionen hinweist.

Derweil sehen wir, wie Zeitungsverlage wie auch der Reutlinger General Anzeiger jüngst in einer seiner Print-Ausgaben mit einem mächtigen Vorblatt vor der Titelseite für Demokratie wirbt und dabei seine Edelfedern mit Zitaten hervortreten lässt. Es ist eine Kampagne gegen sogenannte Hater in den Sozialen Medien und für den sogenannten Qualitätsjournalismus.

Wir sind ohne Orientierung? Das ist letztlich die Botschaft hinter alledem. Und das nicht erst seit heute. Wir verstehen unsere Welt nicht mehr. Wir kennen nicht mehr, was richtig und falsch ist. Und wollen irgendwie zurück in eine Zeit, von der wir meinen, dass dort die Demokratie noch Demokratie war - zum Beispiel mit einer klaren Gewaltentrennung. Der Staat war Exekutive. Die Politik war Legislative. Die Justiz war Recht - und die Medien waren die Vierte Gewalt, die sich mit natürlicher Autorität in alles einmischte. Mit ihren Fragen, aber auch ohne zu fragen. 

Das ist alles durcheinander geraten. Als neue Gewalt ist das Misstrauen getreten, das jeder von uns in sich trägt. Wir glauben einander nicht mehr. Jederzeit kann irgendjemand ein Messer zücken, selbst in ehrsamsten Kreisen aus reiner Willkür morden, Ärzte, die unumstrittenste Autorität in unserer Gesellschaft, werden tagtäglich angegriffen, Politiker und Beamte sind ihres Lebens nicht mehr sicher, aus Hassreden werden Übeltaten, unsere Gesellschaft verwahrlost. Und das in einer Zeit, in der uns die IT-Industrie erzählen will, dass sie mit der Digitalisierung alle Probleme lösen will. "Lösung" ist seit mindestens 50 Jahren das Zauberwort der Informationstechnologien. Der technische Fortschritt scheitert am Menschen. Es wird Zeit, dass wir Menschen uns endlich wieder um uns Menschen kümmern. Dann werden auch unsere Systeme wieder gesund - allen voran die Demokratie. Sie wird nicht nur zersetzt von den Hatern und Mördern, sie wird auch nicht zersetzt von Facebook und Google, sie wird zersetzt von dem Mangel an Verantwortung im Alltag.

Was uns Menschen unterscheidet von all dem, was sich unter dem Deckmantel der Künstlichen Intelligenz werbewirksam und PR-trächtig über alle Medien (auch denen, die sich den "Prints" zurechnen) ausbreitet, ist genau dieses Gefühl von Verantwortung. Künstliche Intelligenz basiert ganz bewusst auf einer Täuschung, auf der Vortäuschung von Bewusstsein. KI aber kennt Kontrolle, das ist sogar deren Existenzgrundlage, aber sie kennt nicht Verantwortung, weil diese ein Bewusstsein voraussetzt.

Dieser technische Fortschritt, den zu beobachten ich seit 1975 als Journalist das Privileg hatte, muss in seine Schranken zurückgewiesen werden. Er hilft uns nicht bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage: "In welcher Welt leben wir?" Er hilft uns nicht bei der Suche nach den richtigen Wegen. Google hat darauf keine Antwort. Und der technische Fortschritt hilft auch nicht den dramatischen Verfall des Vertrauens in die Politik zu stoppen.

Es wird Zeit, dass wir uns um uns selbst kümmern. Von Mensch zu Mensch. Ebenso kritisch wie empathisch. Das wird ein sehr schwieriger Prozess, weil wir dabei vor allem selbstkritisch sein müssen. 


Der technische Fortschritt hat in den letzten dreißig Jahren vor allem den Narzissmus gestützt, die unbeschränkte Eigenliebe, der Nächste, den wir doch lieben sollen wie uns selbst, ist aus unserem Leben verschwunden, er erscheint nur noch als Spiegelbild auf unserem Smartphone. Alles ist imaginär.  

"Gebt dem Computer, was des Computers ist, und dem Menschen, was der Menschen ist." Norbert Wiener, der erste Kybernetiker, ein Mann, der bestimmt nicht im Verdacht steht, die Technik zu verteufeln, hat dies vor rund 60 Jahren gesagt, ganz am Anfang einer Entwicklung, deren Auswirkungen wir nicht mehr verstehen.

Wir müssen diese Trennung, die vielleicht wichtigste Gewaltentrennung seit 1789, seit der Französischen Revolution, seit der Erklärung der Menschenrechte, vollziehen. Kontrolle ist die Welt der Technik, Vertrauen ist die Welt der Menschen.

Wir können uns auf keine Kontrolle verlassen, schon gar nicht auf die technische. Das erkennen selbst die, die daraus ein Riesengeschäft gemacht haben und Unmengen an Geldern verbrauchen. Wir brauchen wieder Vertrauen, das natürlich auch nicht gegen alles schützt. Der Mord an Fritz von Weizsäcker, der während einer Privatveranstaltung in vertrauten Räumen ermordet wurde, belegt dies. Aber ohne Vertrauen sind wir verloren - in einer Welt der totalen Kontrolle, die alle Gewalten auf sich vereint. Erbarmungslos. Grausam. Unerbittlich. 
Die Plakate erstellte 2000 Detlev Bertram, das Material lieferte der Autor

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Fundsache: Bankgebühren 1988 und andere Preise

1988: "Einst wurden die Deutschen mit dem Versprechen kostenloser Transaktionen in die Girokonten gelockt. Jetzt hat die Deutsche Bank die noch verblieben neun Freibuchungen pro Quartal gestrichen."
Die Tageszeitung Die Welt am 27. August 1988

Lesen wir daraus folgenden Allgemeintrend: Mit der Digitalisierung wird alles teurer? ich fürchte, wir werden noch staunen. Wir werden total abhängig. Und niemand wird uns schützen.
Als ich dieser Tage meine alte CS6-Flash-Professional-Software öffnete, um damit eine Schriftanimation für ein mit Premiere geschnittene Zeitzeugen-Dokumentation zu erstellen, sagte mir das Programm, dass es die Funktion "auf Ebenen verteilen" nicht mehr "könne". Okay, dachte ich, kein Problem. Auf meinem Rechner läuft ja auch noch CS-5. Aber da war diese Funktion auch tot. Wie aus heiterem Himmel. Was war der Grund? Gestern tat's doch noch alles?
Tja, dachte ich. Deine Flash-Nutzung hat nichts, aber auch gar nichts mit der Anfälligkeit dieses Programms (das Steve-Jobs-Verdikt) zu tun. Deine Flash-Kreationen verschwinden im Video als Video. Warum wird das nicht mehr unterstützt? Soll ich nur noch auf vorgefertigte Elemente zurückgreifen? Muss ich jetzt alles neu lernen? Warum der ganze Mist? Werde ich jetzt systematisch in die "alternativlose" Adobe-Cloud gezwungen? Mein Misstrauen steigt ins Unermessliche.
Die Cloud ist die neue Bankgebühr - ohne Sicherheit. Aber die haben wir bei den Banken auch nicht mehr...
Raimund Vollmer

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Facebook vor der Aufspaltung?

Seit längerem wird bereits darüber diskutiert: Make Facebook "small again". Schon im März hatten sich Trump und Zuckerberg getroffen, um über eine mögliche Aufspaltung der Datenkrake zu fachsimpeln. In der US-Politik gibt es viele Stimmern, die zu einer Zerschlagung der Internetriesen wie Facebook aufrufen. Nun gesellt sich auch eine Stimme aus der IT-Branche dazu: Salesforce-Benioff. Er würde Facebook zerschlagen.

IBM schrumpft sich weiter weg

Business as usual bei International Business Machines. Machines? What??

Im 3. Quartal schrumpften Umsatz und Gewinn weiter wie gewohnt. Hoffnungsträger sind die neuen Mainframes der Generation z15, nur kamen sie für dieses Quartal einfach zu spät. Oder wie es Finanz-Chef Jim Kavanaugh bei der Präsentation des spröden Bilanz-Zahlenwerks formulierte: "Our Systems revenue was down 14 percent, primarily reflecting the back end of our z14 mainframe product cycle. We continue to invest to bring new innovation to our platforms, and we announced our next generation of IBM Z, which started to ship the last week of the quarter. Our new z15 has a strong value proposition, and we had a solid start to the cycle, in-line with our expectations." Die Hoffnung stirbt zuletzt – mit der z20...

Freitag, 11. Oktober 2019

SAP kehrt zur Doppelspitze zurück

SAP gab heute bekannt, dass CEO Bill McDermott (Foto) seinen eigentlich bis 2021 laufenden Vertrag nicht verlängern wird und als CEO sofort zurücktritt. Ersetzt wird er durch die beiden Co-CEOs Jennifer Morgan und Christian Klein, die beide bereits dem SAP-Vorstand angehörten. So wiederholt sich Geschichte: Nach dem ruhmlosen Abgang von McDermotts Vorgängers Léo Apotheker war ebenfalls eine Doppelspitze die favorisierte Form der Führungsorganisation in Walldorf.




Dienstag, 1. Oktober 2019

EuGH verbietet voreingestellte Cookies

Weitreichende Auswirkungen für alle Internetnutzer und zahlreiche Webseitenbetreiber hat ein heutiges Urteil des Europäischen Gerichtshofes.  Der EuGH hat entschieden, dass Internetnutzer dem Setzen von Cookies aktiv zustimmen müssen

Samstag, 28. September 2019

Sollte Amazon die IBM kaufen?

Manche sagen ja – und zwar möglichst rasch. Steve Andriole, Professor für Business Technology an der Villanova University, zeigt uns in Forbes, warum.

Donnerstag, 26. September 2019

Ein Fuchs schützt uns vor dem Ad-Overkill

Für den Non-Profit-Browser Firefox wurde Anfang September eine neue Version veröffentlicht, die Cookies von Drittanbietern per Voreinstellung blockiert. Das bedeutet, dass Firefox-Nutzer praktisch über Nacht nicht länger mit automatisch zielgruppengesteuerter Werbung belegt werden können. Der Effekt ist besonders stark in Deutschland, weil die Verbreitung dieses Browser hierzulande einfach wesentlich höher ist als in anderen Ländern. Er ist ein WAHRER Fuchs, dieser Firefox – würde Dittsche sagen.

Donnerstag, 19. September 2019

1987: WAS IST EIN XELLFI?

Das fragte sich damals das Zeitmagazin in einer Serie über unser Gehirn. Das sei ein Nonsense-Wort meinte es dann und könne eigentlich nur memoriert werden, in dem wir es inhaltlich mit dem Wort Schellfisch in Verbindung bringen, Heute würden wir spontan etwas ganz anderes darin spiegeln...
R.V.

Mittwoch, 18. September 2019

Vor 30 Jahren kamen die ersten Notebooks auf den Markt...

"Aktentaschenrechner" wurden sie genannt. 10 Jahre nachdem Adam Osborne den ersten noch 24 Pfund schweren tragbaren Rechner auf den Markt gebracht hatte, kamen vor allem die Japaner (Toshiba) mit ihren weitaus leichteren Gerätschaften ins Geschäft - und in die Aktentasche. Sie waren allerdings noch sauteuer... Über 5000 DM...

Samstag, 14. September 2019

Nobel: Der Körber-Preis ging in die Nachbarstadt

Den mit einer Million Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2019 erhielt gestern der deutsche Physiker, Mathematiker und Informatiker Bernhard Schölkopf. Er hat mathematische Verfahren entwickelt, die maßgeblich dazu beitrugen, der Künstlichen Intelligenz (KI) zu ihren jüngsten Höhenflügen zu verhelfen. Marvin Minsky hätte seine helle Freude an ihm! Weltweites Renommee erlangte Schölkopf mit sogenannten Support-Vektor-Maschinen (SVM). Dies sind keine Maschinen im klassischen Sinne, sondern raffinierte Algorithmen, mit denen Computer hochkomplizierte KI-Berechnungen schnell und präzise erledigen können.

Montag, 9. September 2019

No Nobelpreis für Informatiker


1980: »Ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich mich mit den Auswirkungen meiner Forschungsergebnisse auseinandersetzen muss. Die Nobelpreise bekommen sowieso nicht die Computer-Wissenschaftler, die gehen an die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler.«

Marvin Minsky (1927-2016, Vater der Künstlichen Intelligenz, in einem Gespräch

Mittwoch, 4. September 2019

Wenn die Kaffeemaschine schlauer ist als ich...

... kann im Haushalt nix mehr anbrennen. Daran arbeiten die Haushaltsgeräte-Hersteller mit Hochdruck, wie jetzt auf der IFA zu sehen sein wird. Miele zum Beispiel legt beim smarten Zuhause nach. Der Barista Assistant macht mir den perfekten Espresso. Und was noch besser ist: Waschmaschine und Trockner denken mit! Nicht nur bei Miele, sondern auch bei Bosch.

Künstliche Intelligenz zeigt bei Bosch ihr Können ab Herbst erstmals in den Sensor-Backöfen der Serie 8. Diese sagen vorher, wann Kuchen oder Braten fertig sein werden und berücksichtigen dabei die individuelle Zubereitung des Garguts im Backofen. In Kombination mit Machine Learning eröffnet sich jetzt eine neue Dimension: Der vernetzte Backofen lernt auf Basis einer wachsenden Menge anonymisierter Daten zahlreicher Back- und Bratenvorgänge. Damit liefert er nicht nur optimale Ergebnisse durch Hochleistungs-Sensorik, sondern wird im Laufe der Zeit immer schlauer, wenn es um das exakte Zubereitungsende des individuellen Gargutes geht. Und noch besser ist die "intelligente Wäschepflege", denn dank "Smart Dry" stehen die vernetzten Bosch-Geräte - Waschmaschine und Trockner - in engem Austausch miteinander...

Dann darf nur nicht der Strom ausfallen...

Freitag, 30. August 2019

Der Hass im Netz und woher er kommt

Ist aus dem Internet eine Plattform für Wut und Angst geworden? Wie kommt es zur Hasskommunikation und warum geben wir so viel Privates preis? Eine Soziologin der Uni Würzburg hat sich auf Spurensuche begeben. Als intimisierte Öffentlichkeiten bezeichnet Elke Wagner, Professorin für Spezielle Soziologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, dieses Phänomen. In ihrem neuen Buch „Intimisierte Öffentlichkeiten – Pöbeleien, Shitstorms und Emotionen auf Facebook“ nimmt sie die aktuelle Diskussion über Soziale Medien, Privatheit und Hasskommunikation auf und analysiert diese neu entstandenen Öffentlichkeiten. Sicher lesenswert für manche Kommentatoren. Erschienen im transcript Verlag 2019, 200 Seiten, ISBN: 978-3-8376-4026-7, Kostenpunkt knapp 30 Euro.

Dienstag, 27. August 2019

Ferdinand Piëch: Der Mann, der VW sanierte

Es war bei einer Veranstaltung der kleinen Gesellschaft für Qualität und Produktivität in den frühen neunziger Jahren, da kam ich mit einem Herrn ins Gespräch, der als Assistent Zugang zu den Vorstandssitzungen des VW-Konzerns hatte. Ferdinand Piëch hatte gerade den Vorsitz übernommen und für uns, die Journalisten war dies ein Mensch, der uns überhaupt nicht lag. So fragte ich meinen Gesprächspartner ganz unschuldig, was er denn von dem neuen Superboss hielt. Seine Antwort machte mich sprachlos: "Endlich wird im Vorstand wieder hart gearbeitet", sagte er und war darob froh. Wenn wir nun daran denken, was allein in den letzten 25 Jahren den VW-Konzern an Skandalen durchgeschüttelt hat, dann fragt man sich schon, was ist das eigentlich für eine Firma, die gerne von sich behauptet der größte Automobilproduzent der Welt zu sein. Dass VW überhaupt so weit gekommen ist, hat diese Gesellschaft, die uns mal als Volksaktie verkauft wurde, wohl vor allem ihren ganz normalen Mitarbeitern zu verdanken. Die müssen verdammt gut sein, um mit einem derart skandalumwitterten Management fertig zu werden. Vielleicht auch deshalb, weil sie genau das tun können, was auch dem nun verstorbenen Ferdinand Piëch nachgesagt wird: hart arbeiten und nicht Schummelsoftware für sich arbeiten zu lassen. 

Raimund Vollmer

Samstag, 24. August 2019

Confidential Computing Consortium gegründet

Das jetzt gegründete Confidential Computing Consortium soll es ermöglichen, Daten zu verarbeiten, die verschlüsselt im Speicher liegen. Damit soll die letzte theoretische Lücke geschlossen werden, durch die Daten ungewollt in fremde Hände gelangen können. Gründungsmitglieder des Industriekonsortiums sind Alibaba, Arm, Baidu, Google, IBM, Intel, Microsoft, Red Hat, Swisscom und Tencent. Neben den Herstellern sollen auch Wissenschaftler beteiligt sein; die Linux Foundation koordiniert die Zusammenarbeit.
Als Methode zur sicheren Verarbeitung verschlüsselter Daten dient die Bereitstellung von abgesicherten Umgebungen, Trusted Execution Environments (TEEs), mit Hardware-Unterstützung in den Prozessoren. Das Confidential Computing Consortium startet mit drei freien Projekten, die von den Gründungsmitgliedern beigetragen werden. Von Intel kommt das Software Guard Extensions SDK für Anwendungsentwickler. Microsoft steuert das Open Enclave SDK bei, das plattformübergreifend ist und eine einfache Abstraktion der Enklaven bereitstellt. Von Red Hat kommt Enarx, das die Hardware-Unabhängigkeit der Anwendungen anstrebt.

Dienstag, 20. August 2019

1989: Ein anderes Apollo-Programm

Vor 30 Jahren übernahm Hewlett-Packard für 475 Millionen Dollar den Workstation-Pionier Apollo Computers, der - 1989 gegründet - lange Zeit von Sun diesen jungen Markt dominierte. Raimund Vollmer
Journalyse-Quelle: Diese Anzeige erschien imNovember 1988 in der CZ

Montag, 12. August 2019

IBM verliert weiter an Wert (und Renommee)

Die Marktkapitalisation der 100 größten Aktiengesellschaften der Welt ist innerhalb eines Jahres um 1,04 Billionen Dollar (5 Prozent) auf insgesamt 21 Bio. Dollar gestiegen. So lautet eines der Kernergebnisse des aktuellen „Global Top 100“-Ranking von PricewaterhouseCoopers. Das Ranking analysiert die 100 weltweit führenden Unternehmen nach Marktkapitalisierung. Die Analyse umfasst den Zeitraum vom 31. März 2018 bis zum 31. März 2019 und vergleicht die Veränderungen in den vergangenen zehn Jahren sowie Regionen und Branchen. Demnach hat Microsoft (Marktwert 905 Mrd. Dollar) Apple (896 Mrd. Dollar) als wertvollstes Unternehmen abgelöst – und die Google-Mutter Alphabet verlor den dritten Platz auf dem Treppchen an Amazon. Alles prominente Namen der IT-Branche. Auch der einstmals "Big Blue" titulierte Konzern IBM taucht in dem Ranking auf, allerdings nur noch unter ferner liefen auf Platz 67 mit Marktkapitalisierung 126 Mrd. Dollar. Das sind 11 Plätze und 15 Mrd. Dollar schlechter als noch 2018. Damit liegt IBM nur noch knapp vor absoluten Newcomern im Ranking wie Salesforce.com – und nur noch 27 Mrd. Dollar vor dem Rausflug aus dem Ranking. 

Sonntag, 11. August 2019

Der gelbe Software-Riese schrumpft weiter

Symantec war einmal eine Marke in der IT-Branche – und segelte als Hersteller von Sicherheitssoftware lange auf Erfolgskurs. Man denke nur daran, was Norton einmal für ein tolles Produkt war. Doch: The times they are a changing. Das gilt auch für Symantec; für den US-Hersteller liefen die Geschäfte zuletzt alles andere als rund – und die Topmanager gingen reihenweise von Bord. 2016 wurde Veritas wieder verkauft, der 2004 übernommene Hersteller von Speichermanagement-Software. Und jetzt geht die rund 2,5 Mrd. Dollar Jahresumsatz starke Enterprise-Sparte wohl an den Chip-Hersteller Broadcom, der die Übernahme im Wert von 10,7 Mrd. Dollar bar bezahlt.
Symantec, 2013 einmal knapp 7 Mrd. Dollar Umsatz stark, hatte zuletzt mit Umsatzrückgängen und immer wieder auch mit Verlusten zu kämpfen. Broadcom dagegen, ein knapp 21 Mrd. Dollar Jahresumsatz starker Spin-off der Halbleiter-Sparte von HP, hat nach den gescheiterten Expansionsplänen in der Chip-Industrie – Trump untersagte die geplante Übernahme von Qualcomm für 117 Mrd. Dollar wegen "Bedenken für die nationale Sicherheit" – die Strategie gewechselt und will jetzt Infrastruktur-Anbieter für Unternehmen werden. Ende 2018 wurde im Rahmen der neuen Strategie bereits der Mainframer CA Technologies für 19 Mrd. Dollar geschluckt. Sicherheitsbedenken hatte Trump da nicht mehr, denn Broadcom verlegte den Firmensitz zwischenzeitlich kurzerhand von Singapur nach Kalifornien... 😊

Samstag, 3. August 2019

"Cash King" Apple übergibt das Zepter an Alphabet

Was immer das bedeuten mag: Der langjährige "Cash King"Apple hat das Zepter nach zehn Jahren Regentschaft an die Google-Holding Alphabet übergeben, wie die Financial Times berichtet. Der Grund für den Wechsel an der Spitze sei, dass Apple seine Geldreserven in den letzten Quartalen bewusst reduzierte, während Alphabet im selben Zeitraum die liquiden Mittel aufgestockt habe.

Donnerstag, 1. August 2019

Google baut Ad-Blocker für Heavy Ads

Online-Anzeigen können informativ, aber auch nervig sein. So nervig, dass sogar Google manchen Anzeigen Einhalt gebieten will. Die Rede ist von "Heavy Ads", die besonders umfangreich und/oder rechenintensiv sind. Solche Ads soll Googles Browser Chrome künftig automatisch ausblenden. Google-Ingenieur John Delaney arbeitet an dem Projekt und schreibt: "This intervention unloads ads that are in the .1% of bandwidth usage, .1% of CPU usage per minute, and .1% of overall CPU time. The current numbers are 4MB network and 60 seconds CPU, but may be changed as more data is available." Übrigens: Bereits heute verfügt Chrome über einen eingebauten Ad-Blocker, der Anzeigen ausfiltern soll, die nicht im Einklang mit den Better Ads Standards stehen. Aber "Heavy Ads" sind noch krasser!

Freitag, 26. Juli 2019

Der Ad-Blocker - Triumph der Einfallslosen

Es war die schiere Neugier, die mich dazu verleitete, einem Link zu folgen, der mir versprach, etwas Neues über das Verhältnis von KI und Journalismus zu erfahren. Ich clickte, landete Xingderassabum bei der Süddeutschen Zeitung, las zwei Zeilen, die wiederum so verfasst waren, dass sie mir das, was vorher der Linkhinweis versprochen hatte, noch einmal versprach - und dann knallte sich vor meinen Bildschirm die Aufforderung, doch meinen Ad-Blocker auszuschalten. Wie das geht, würde mir auch noch mitgeteilt, wenn ich auf den entsprechenden Link drücke. Aber ich könnte mich auch kostenlos registrieren lassen. Meine Neugier war frustriert. Wenn ich blödsinnige Werbung lesen muss, um dann zu erfahren, dass ich doch nur einer aufgemotzten, inhaltsleeren Meldung (das ist jetzt natürlich eine völlig ungerechtfertigte Unterstellung) aufgesessen bin, dann wird in mir die Ad-Blockade, von der ich gar nicht wusste, dass ich sie eingeschaltet habe, vollends und sehr bewusst aktiviert. Dümmer geht's nimmer. Womit natürlich ich gemeint bin, nicht die cleveren Marketiers, die sich hinter journalistischer Arbeit arg & listig verstecken.
Es gäbe übrigens eine ganz einfache Lösung, wie alle Verlage ihr Geschäftsmodell attraktiv gestalten könnten. Ganz, ganz simpel. Müsste auch jeder Verleger drauf kommen. Dafür braucht man noch nicht einmal KI. So leben Google & Co. weiterhin  davon, dass unsere Verleger nicht über ihren Ad-Blocker-Schatten springen können.
Raimund Vollmer


Mittwoch, 24. Juli 2019

Wir sind die Nutzer ohne Nutzen


Erinnerungen an die Cloud und andere Mietmodelle

Von Raimund Vollmer
Service-Rechenzentren nannten sie sich - und es gab so viele davon, dass sie in Deutschland sogar einen eigenen Verband gründeten. Die Hoch-Zeit war in den sechziger Jahren - und das, was sie leisteten, würde man heute Cloud nennen. Die Datenübertragung war noch etwas mühsam, ging über den physischen Transport von Lochkarten und Magnetbändern, oftmals per Kurier mit der Deutschen Bundesbahn, aber jeder hätte das Big Data genannt, wenn es damals den Begriff gegeben hätte. Und die Abhängigkeit von den USA, vornehmlich von IBM, die die größten Service-Rechenzentren betrieb, war natürlich auch ein Thema.

Ansonsten war es üblich, seinen Rechner inklusive Software (ohne gesonderte Berechnung) zu mieten. Jederzeit konnte man seinen Mietvertrag gleichsam zum Monatsende kündigen. System-Software wurde verschenkt, war Teil der "public domain", was man heute Open Source nennen würde. Die Strategie "Object-Code-Only" gab es erst in den achtziger Jahren. Software war ein Service, der mit dem Mietvertrag abgegolten wurde. Im Prinzip besaß IBM über die Miete überall in der Welt bei ihren Kunden ein eigenes Rechenzentrum. Hätte sie die alle vernetzt, was damals durchaus schon diskutiert wurde, wäre es bereits eine gigantische Cloud gewesen. Und wiederum sorgten sich die Kunden und die Politiker in Europa um eine allzu starke Abhängigkeit von einem Amerikaner.

In den siebziger Jahren hatte dieses Mietgeschäft eine solche Dimension bekommen, dass sich jeder ausrechnen konnte, wie lange IBM davon zehren konnte, ohne auch nur einen einzigen Finger krümmen zu müssen. Man musste nur noch managen. Innovationen, die Unruhe in die Mietbasis gebracht hätten, wurden unterdrückt oder nur am Rande bedient. Die Erweiterbarkeit des Hauptspeichers war eingeschränkt, weil man den Kunden lieber zugleich einen größeren, aufwärtskompatiblen Rechner verkaufen, nein, vermieten wollte. 2K-Chips, die zu jener Zeit technologisch den Hauptspeicher-Engpass lösten, wurden so lange wie es ging, als billig zu produzierende Chips in die Rechner gepfropft, obwohl es 16 und später 64 K-Speicher längst am Markt gab. Ältliche, ebenfalls billig herzustellende bipolare TTL-Prozessoren gab es noch bis weit in die achtziger Jahre hinein, dabei schaltete die Konkurrenz längst mit schnellerer, stromsparender ECL-Technik. Kurzum: IBM hielt Innovationen schon auf der untersten Systemebene zurück.

Hätte es nicht die sogenannten PCMer gegeben, die plug-compatible manufacturer, die steckerkompatiblen Hersteller, dann hätte IBM diese Strategie niemals verlassen. Aber sie verlor ab Mitte der siebziger Jahre massiv Marktanteile - und vier Jahre später fing sie an, sich zu rührern, aggressiver denn je, innovativer denn je, flexibler denn je. Sie verkaufte ihre Mietbasis, veränderte ihre Softwarelizenzpolitik, drehte jeden Stein um. Aber es war zu spät. Zu Beginn der neunziger Jahre stand sie nach Angaben ihres neuen Chefs, Lou Gerstner, kurz vor dem Bankrott.

Nun haben wir wieder solche Platzhirsche, die alles vermieten, auch das, was niet- und nagelfest ist. Bezahlt wird nur nach Nutzung. Allein das ist ein sehr verräterischer Ansatz und einer Sonderbetrachtung wert.

Früher verkaufte die IT-Szene  Produktivität. Sie war als Job-Killer verschrien, sie brachte gigantische Rationalisierungseffekte, die so groß waren, dass man fehlende Innovationskraft lässig dahinter verstecken konnte. Je geringer diese Effekte wurden, desto weniger legitimierte sich auch der oftmals heillos überzogene Geldeinsatz. Die IT geriet in den neunziger Jahren in eine gewaltige Legitimationskrise. Trotz des Zulaufs von unendlich vielen Neuerungen, von denen wir - die User, die Konsumenten - vor allem profitierten.

Aber wir sind für die trägen, geldschweren Systemhersteller, von IBM bis hin zu Siemens oder SAP, keine besonders attraktive Kundschaft. Eigentlich scheitern sie immer an uns, der Privatkundschaft. Uns sind Themen wie Produktivität auch schnurzegal, den Großkunden konnten sie die Vorteile auch nur noch in künstlicher Powerpoint-Gestaltung verkaufen.

Vor dreißig Jahren sprach dann ein deutscher Philosoph (der Name wird jetzt noch nicht verraten) im Feuilleton der FAZ davon, dass in Zukunft die Nutzung das Kriterium sei, nach dem Waren und Dienste zu messen seien. Da ja ITler bei Herstellern und Anwendern Feuilletons nicht lesen, weil sie dann sehen würden, wie weit sie hinter dem Trend sind, mussten sie selber auf diese Idee kommen. Kamen sie auch - in seiner perversesten Form, als Cloud und SaaS. Hier wird nach Nutzung bezahlt, die Rechtfertigung muss der Kunde sich selbst geben. Und weil man damit schön fein raus ist, driften wir nun ganz allmählich in einer Epoche, in der Innovationen als Störenfriede aussortiert werden, man durch Begriffe wie Künstliche Intelligenz dem erlaubten Minimalfortschritt eine gewaltige Aura gibt.

Das meiste, was uns heute verkauft wird, sind Entwicklungen, die  dreißig Jahre lang mehr oder minder auf Eis lagen, von der Spracherkennung und Übersetzung bis hin zu Industrie 4.0 oder multimedialen Techniken. Glasfaser oder Koax - war mal in den achtziger Jahren eine heiße Diskussion. Satelliten-Schwärme, um auch den letzten Winkel der Erde zu erreichen, war vor zwanzig Jahre mal eine große Initiative, Mitte der siebziger Jahre sogar ein strategisches Konzept der IBM - zu einem Zeitpunkt, als wenigstens noch ein paar Visionäre die Firma prägen durften. Vieles, vieles - wie auch die Digitalisierung der Netze - ist uralt. Und ein Konrad Zuse schrieb bereits in den vierziger Jahren mit seinem Plankakül die ersten Algorithmen, die uns heute wie geheimnisvolle Zauberwerke verkauft werden.

Und das Zeitalter der Apps? Selbst das reicht bis in die siebziger Jahre zurück.

Dass das alles jetzt auflebt, zeigt doch, dass die These nicht stimmt, dass Cloud und SaaS Innovationen unterdrücken. So werden die Gegner nun widersprechen. Im Gegenteil: sie bestätigen die These. Man möchte über diese Techniken genau diesen Innovationsstrom wieder unter seine Kontrolle bekommen. Ich spüre täglich, bis in die Maussteuerung hinein, dass Microsoft mit Windows 10 die Kontrolle über meinen PC übernommen hat. Alles, was mich einmal produktiv machte, wird schlechter, ist auf Nutzung abgestimmt. Ich habe schon gar keine Lust mehr, neue Anwendungen anzupacken, weil sie mich in eine widersinnige, auf Nutzungsdauer angelegte Systematik hineinziehen. Und wenn das alles auch noch durch Werbung bezahlt wird, dann wissen wir doch, zu was wir verurteilt sind: Wir sind die Nutzer ohne Nutzen.


Dienstag, 23. Juli 2019

Deutsche Lobbypolitik: Erst die Cloud feiern, dann beschimpfen...

(Kommentar) ... wenn sie zu amerikanisch wird. "Kein Techno-Nationalismus" - unter dieser Überschrift kommentiert die FAZ heute und meint damit nicht die Bundesrepublik, sondern fordert dies eher von den USA unter Trump und von China unter seiner "Einparteien-Diktatur". Leute, die "bestens vernetzt" sind, malen ein Schreckensbild an die Wand, bei dem "Cloud-Dienste" von ausländischen Mächten gekappt werden, so dass wir plötzlich abgeschnitten sind von unseren eigenen Daten.
Gute 35 Jahre ist es her, also durchaus erinnerbar, da titelte der Autor dieser Zeilen "Keine Daten aus den Staaten", weil der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, Ronald Reagan, das Internet von dem Militärnetz, das es ursprünglich war, trennte und damit den Zugriff auf amerikanische Datenbanken erschwerte. Daraus entstand das Netz, das heute alles weiß, auch das, was es nicht wissen soll. Daraus ging wiederum das Deutsche-Forschungs-Netz hervor (nach amerikanischen Vorbild), das sich übrigens OSI auf die Fahnen geschrieben und TCP/IP den Tod prognostizierte.
Es kam genau andersherum. Open Systems Intercoonection starb, TCP/IP regiert seit 1974.
Noch weiter zuvor gab es die "amerikanische Herausforderung", die nach einer hochsubventionierten, europäischen IT-Industrie schrie. Mit dem Ende der Subventionen vberschwanden auch die Nutznießer, und überlebende Firmen wie Siemens brauchten japanische und amerikanische Hilfe. Wetten, dass ähnliche Subventions-Gelüste nun wieder im Hintergrund stehen? Darauf ist doch die ganze Kampagne angelegt - schon bei der Digitalisierung war dies sehr deutlich zu spüren. Es ist jämmerlich, erbärmlich, aber entspricht dem intellektuellen Redlichkeitsstand der Meinungsführer.
Als jemand, der seit 1975 diese Branche beobachten darf, habe ich inzwischen nur noch Verachtung übrig für die deutsche IT-Szene, die niemals an die Ursachen ihres eigenen, mehr oder weniger versteckten Scheiterns geht, sondern immer nur auf die Wirkung achtet. Das ist fast schon beleidigend.
Außer langweiligen, angestrengt powerpointenden Buchhaltungs-Helden wie SAP oder DATEV haben wir doch nicht viel zu melden in dieser IT-Welt. Und wenn wir dann mal jemanden haben, der mehr draufhat, dann warten wir lieber,bis dasselbe aus den USA oder demnächst vermehrt aus China kommt.
Schade, dass da keiner mal sagt: "Die sind doch alle nackt."
Raimund Vollmer

Donnerstag, 18. Juli 2019

Pakt der Branchen-Dinosaurier

Der Telekom-Konzern AT&T hat völlig überraschenderweise den Cloud-Zwerg IBM damit beauftragt, seine internen Business-Apps in die IBM Cloud migrieren. AT&T nutzt laut Pressemitteilung Lösungen des Linux-Unternehmens Red Hat, das IBM jetzt aufgekauft hat, wie wir hier gemeldet haben. Wie viel Geld für die Kooperation fliesst, kommunizierten die beiden Unternehmen nicht. Nach Recherchen des Wall Street Journals beziffert sich das Volumen der mehrjährigen Vereinbarung auf mehrere Milliarden Dollar. Beide, sowohl AT&T als auch IBM, arbeiten immer noch mit „Legacy“-Geschäftsmodellen aus dem letzten Jahrtausend; vielleicht passt es ja genau deshalb. Und weil beide Firmen auch schon in der Vergangenheit immer wieder zusammengearbeitet haben. So könnte der Deal für beide der Anfang des Weges in das 21. Jahrhundert sein.

VOR 50 JAHREN - AUFBRUCH INS WELTALL (2)