Während sich IBM aus dem direkten Endgerätegeschäft komplett herausgezogen hat, triumphiert hier Apple und bezieht aus diesem Geschäft den Großteil seiner Gewinne - durch Hardware. Eigentlich ist dies eine schallende Ohrfeige in das Gesicht der Manager, die seit zwanzig Jahren den einstigen Weltmeister aller Rechnerklassen führen. "Das sind doch alles Commodities", hieß die Formel der Resignation, mit der Big Blue auf den Margenverfall bei PCs reagierte. Dahinter steckte eine Menge Verachtung, für Apple erwiesen sich die Commodities als Kronjuwelen. Obwohl Apple für die Herstellung von guter Software berühmt sei, meint jetzt das
Wall Street Journal, würde das Unternehmen das meiste Geld mit der Hardware verdienen, auf denen diese Software exklusiv läuft. Apple hat das Modell realisiert, das IBM mit der Vorstellung von OS/2 und PS/2 1987 auch gerne durchgesetzt hätte. Der Mikrokanal sollte die Hardware vor Nachbauten und Ausplünderung durch Mitbewerber verhindern, OS/2 sollte - trotz der Nähe zu Mcrosofts Windows - irgendwann das iOS dieser IBM-Welt werden. Aber IBM bekam weder die Mitbewerber in den Griff noch den Partner Microsoft. Dessen Geschäftsmodell, dass aller Profit aus der Software kommt, beherrschte die Szene. Apple, zehn Jahre später von Microsoft gerettet, stellte sich da weitaus klüger an, propagierte unverdrossen seine proprietäre Hardware-Strategie und setzte sich durch. Nun schlagen Google & Co. zurück. Über das Betriebssystem Android können sie die Apple-Welt nicht erobern, aber über die Apps. Und wenn man sich dann wie bei der Kartensoftware ein wenig dämlich anstellt, hat man plötzlich Google Maps an der Backe, gefolgt von E-Readern der Kindle-Art oder wem auch immer. Alles drängt bereits in die nächste Stufe - von der Anwendung zur Content-Ebene. Und da kommen die anderen Oligarchen ins Spiel: neben Google, Facebook, Amazon und nun auch immer mehr Twitter. In diesem Kampf der Giganten spielt IBM keine Rolle mehr, sie hat sich selbst ins Aus geschossen. Mit der Konzentration auf Big Data erschließt sie sich zwar die Content-Ebene, aber nicht um daraus Nutzen für den Endverbraucher zu generieren, sondern nur für institutionelle Anwender. Sie sorgt dafür, dass ihre Kunden alles über die Welt von Otto Normalverbraucher wissen, aber für sie selbst bleiben die Endverbraucher eine anonyme Menge. Big Data ist die dicke Bertha des IT-gesteuerten Marketings, die größte Kanone, die auf die kleinsten Spatzen schießt. Google, wahrscheinlich der mit Abstand größte Anwender von Big Data ist da in einer ganz anderen Situation: Google hat - ebenso wie Apple, Facebook, Twitter und Amazon - den Spatz bereits in der Hand.
Raimund Vollmer
PS: IBM gibt es ja nicht gerne zu, aber ihr Profitmodell basiert auch auf reiner Hardware - auf den Mainframes, die zusammen mit der an die Großrechner gekoppelten Software mehr als die Hälfte des Gewinns ausmachen. Wie bei Apple dulden auch die IBM-Kunden diese Form der Ausbeutung. Nur ist es bei den Privatleuten der Apple-Welt deren eigenes Geld, das sie hier verbraten, indem sie für iPhones, iPads & Co. Premium-Preise bezahlen. Bei den Mainframern aber ist es das Geld, das der Firma gehört. Und da wird auf Dauer jeder Aufsichtsrat einmal hellhörig...