Samstag, 12. Mai 2012

Liebe IBMer, hier wird Big Blue "eiskalt" erwischt!!!

ein lieber Freund schickte mir heute mehrere Emails, die auf Blog-Einträge von Bob Cringley verweisen. Sie enthalten eine vernichtende Kritik am IBM-Management. Und wenn Sie an diesem verregneten Wochenende die Muße finden, diese Analysen und die Leserkommentare dazu zu lesen, dann werden Sie feststellen, dass wir mit unserer eigenen Journalyse "IBM - das eiskalte Projekt" wohl nicht ganz alleine dastanden. Dem Autor ist es in den letzten Jahren so gegangen wie mir - über IBM zu schreiben, machte keinen Spaß, das zog einen nur runter. Und eigentlich war es das Management auch gar nicht wert, dass man auf Fehler hinwies. 1997 habe ich unter dem Titel "Blueland" ein Buch verfasst, dass in seinem Untertitel "Die letzten 20 Jahre der IBM" hieß. Und das war schon auch so gemeint, dass die Zeit bis 2017 tatsächlich auch die letzten 20 Jahre der IBM sein könnten. Nach der Lektüre der Cringley-Kommentare fühlte ich mich an meine Mutmaßung von 1997 erinnert. Warum können Cringley und ich (IBM war stets eine Superstory, die einen Schreiber wirklich forderte) nicht davon lassen, über diese Company zu schreiben? Ich glaube, uns beiden tut es leid und weh um die vielen tollen Mitarbeiter, die IBM hat, blitzgescheite und vor allem blitzsaubere Männer und Frauen. Aber an denen ist das Management nicht sonderlich interessiert. Die Mitarbeiter sind Kostenfaktoren.
Cringley sagt, dass die einzige Macht, die in der Lage wäre einen Turnaround zu bewirken, die Kunden seien, dann wünschte ich mir, diese hätten den Mut und die Wut, das IBM-Management in die Knie zu zwingen. Leider bin ich da nicht sehr zuversichtlich - zumindest nicht in Europa. Gut angesehen zu sein bei IBM gehört zum Selbstverständnis von zuvielen CIOs. Und ob Vorstandsvorsitzende die Power besitzen, hier das Wertesystem ihres IT-Chefs in Frage zu stellen, bin ich mir nicht sicher. So wird es keinen Turnaround geben, sondern Big Blue driftet allmählich auf jenen Punkt zu, von dem aus es keinen Weg zurück mehr geben wird. Es wird IBM eiskalt erwischen.
Hier nun die Links zu den Cringley-Analysen:
Cringley 1: Laid Off IBM Employee Says The Company Is Blowing It By Cutting The Wrong People
Cringley 2: Not your father’s IBM
Cringley 3: We're all just lab rats to IBM
Cringley 4: Not your father's IBM
Cringley 5: How to fix IBM in a week




Freitag, 11. Mai 2012

Trotz Computer & Controlling: Ist J.P. Morgan der nächste Lehman?

Das fragen sich jedenfalls einige der Kommentatoren, die als Leser den Bericht des Wall Street Journals über die massiven Verluste bei der Investmentbank J.P. Morgan begleiten. Es ist ein Geschäft, in dem 700 Billionen Dollar an Derivaten gepflegt und gemanagt werden wollen. Es ist ein Geschäft, das aus dem Computer kommt, weil diese Summen nur noch von ihm gemanagt werden können (und auch aus ihm heraus geboren wurde). Es ist ein Geschäft, das niemand durchschaut - am wenigsten die Bürokratie, die es eigentlich kontrollieren soll und nach der Lehman-Pleite 2008 auch kontrollieren muss. Nun gut, was sind da schon ein Verlust von zwei Milliarden Dollar, wie sie jetzt offensichtlich die amerikanische Investmentbank bei Derivaten einfuhr. Sie hatte auf eine prosperierende US-Wirtschaft gesetzt, aber der Wachstumsmotor war nicht in dem Maße angesprungen, wie die Zocker kalkuliert hatten. Unter den Augen der Controller, die vielleicht manches überblickten, aber nichts durchschauten.
Gewisse Parallelen entdeckt man hier zu unserer Journalyse-Serie "Projekt Taurus". Auch da scheiterte die Bürokratie - man muss es leider so sagen - vor allem an sich selbst. Gönnen Sie sich am Wochenende das Vergnügen und tauchen Sie ein in eine Geschichte, die sich vor zwei Jahrzehnte ereignete und irgendwie immer noch aktuell ist. Aber das verstehen Sie nur, wenn Sie eins nicht sind: ein Bürokrat.
Das Projekt Taurus
TEIL I // TEIL II // TEIL III // TEIL IV

Donnerstag, 10. Mai 2012

ACHTUNG SAP-Verträge!!! Indirekte Zugriffe nur mit User-Lizenz...

... heißt es neuerdings bei den Walldörfern. Da SAP-Systeme gerade bei alten Kunden oft auf intensive Weise integriert sind in eine Vielzahl von Anwendungen, die nicht aus Walldorf kommen, kann es durchaus vorkommen, dass User indirekt auf SAP zugreifen, ohne eine Lizenz zu haben. Dagegen will SAP nun offensichtlich vorgehen und Kunden zwingen, entsprechende User-Vereinbarungen zu treffen. Das kann sogar so weit gehen, dass Anwender, die Daten aus einer SAP-Anwendung herausgezogen und in eine Excel-Datei eingebaut haben, lizenzpflichtig sind - und ebenso die User, die diese Excel-Tabelle per Email erhalten. So mutmaßt jedenfalls Dave Blake, CEO des renommmierten Beraterhauses UpperEdge, in seinem Blog.
SIEHE HIER.
Kommentar: Wir garantieren Ihnen hiermit, dass die Lektüre unserer Journalyse nicht SAP-lizenzpflichtig ist. Wir extrahieren keine Daten aus SAP-Anwendungen. Sie müssen keine User-Lizenz erwerben. Sollten Sie allerdings unsere Beiträge, auch auszugsweise, in eine SAP-Anwendung überführen, behalten wir uns alle rechtlichen Schritte vor...

Verträge retten keine Projekte...

... ist wohl die nächste wichtige Lektion aus gescheiterten Superprojekten. Die einzigen, die das bis heute nicht einsehen wollen, sind die Juristen. Nichtsdestotrotz: Auch nach fast zwanzig Jahren, die seit dem Erscheinen der Gigasteps-Story über das Börsenprojekt Taurus vergangen sind, fragt man sich, ob wir eigentlich seit dem Platzen dieses Milliarden-Projektes schlauer geworden sind.
Viel Spaß bei der Lektüre von Teil II unseres nur leicht (stilistisch) revidierten Berichts über das Prokekt Taurus der Londoner Börse LSE.
TEIL I // TEIL II (neu)

Mittwoch, 9. Mai 2012

Flughafen-Pleite: Nichts gelernt aus Superprojekten?

Während Berlin und Brandenburg gestern den schwärzesten Tag in der Geschichte des neuen Willy-Brandt-Flughafens durchstehen mussten und der DAX gestern softwaretechnisch eine Auszeit von 77 Minuten nehmen musste, greifen wir in unsere Archiv-Kiste und kramen eine Story heraus, die sich vor rund zwanzig Jahren ereignete: das Scheitern des Superprojektes Taurus der Londoner Börse. Sie zeigt auf, wie gefährlich es ist, wenn in einem Superprojekt zuviele Martteilnehmer involviert sind - vor allem, wenn dann auch noch wirtschaftliche und politische Märkte aufeinanderprallen. Tauchen Sie ein in eine Geschichte aus dem Leben der Software-Entwicklung. Sie erschien in den neunziger Jahren erstmals in Gigasteps, einer Publíkation, die es leider nicht mehr gibt. Verfasser ist Raimund Vollmer.
LESEN SIE: LEKTION I - Das Ende eines Toreros

Januar 1994
DAS DESASTER VON LONDON

Superprojekte scheitern an der Vergangenheit, nicht an der Zukunft. Sie scheitern aber auch daran, dass in einer zunehmend deregulierten Welt niemand mehr die formale Autorität besitzt, sie durchzusetzen. Da ihr Wirkungskreis künftig eher branchenweit als unternehmensintern ist, wächst die Gefahr, dass sie unbeherrschbar werden. Keiner traut sich mehr ran. Und doch kommt die Zeit der Superprojekte wieder - weil man aus den Fehlern der Vergangenheit kräftig gelernt hat. Ein Paradebeispiel dafür, was alles schiefgehen kann, ist das Projekt Taurus des London Stock Exchange.
Einen Schaden von einer Milliarde Mark soll dieses gescheiterte Börsenabrechnungssystem dem drittgrößten Finanzplatz der Welt zugefüht haben. Es war eine Branchenlösung für alle, die aber niemand wollte. Eigensinn triumphierte über Gemeinsinn. Letzteres aber brauchen Superprojekte. Und Superprojekte braucht unsere Wirtschaft, um ihre großen Strukturfragen endlich in den Griff zu bekommen. Das Projekt Taurus zeigt, wie vielfältig die Verflechtungen von Politik, Wirtschaft, Recht & Technologie sind, die auf solche Unterfangen einwirken.

Dienstag, 8. Mai 2012

Oracle versus Google: In ewiger Feindschaft...

... hat Oracle im Rahmen der Sun-Übernahme Google wegen Verletzung des Copyrights verklagt, bekommt wahrscheinlich recht, aber statt einer Milliarde Dollar Strafzahlung allenfalls 100.000 Dollar. Das amerikanische Bundesgericht in Kalifornien, das über den Fall entscheiden soll, ist jedenfalls der Meinung, dass Google zwar Java-Rechte bei der Entwicklung von Android verletzt habe, doch mehr als eine gesetzlich festgelegte Strafzahlung sei dafür nicht angebracht.
Trotzdem wird der Streit weitergehen. Und der Grund für ein Berufungsverfahren ist Google. Denn die Medienmaschine möchte gerne wissen, ob Oracle überhaupt die Java-Schnittstellen, die Google patentrechtlich verletzt haben soll, überhaupt schützen durfte. Das Gericht jedenfalls hat den Schnittstellen, deren Wert Oracle ins Unermessliche hochsteigerte, schon einmal sehr stark relativiert.
Kommentar. Patente sind nicht dafür da, den technischen Fortschritt zu behindern, sondern ihn zu ermöglichen. Weder Sun noch Oracle haben irgendeine Bedeutung im Mobilgerätegeschäft. Sie sollten Google, der ja dieses Geschäft vor wenigen Jahren ebenso frem war wie den beiden, dafür dankbar sein, dass dieses Unternehmen unter Einsatz von Java in die Weiterentwicklung dieses Geschäfts eingestiegen ist und damit zum Marktführer wurde. Aber wahrscheinlich ist es der schiere Neid, der Larry Ellison plagt. Man muss auch verlieren können...
Journalyse-Quelle: Wall Street Journal, 7.5.2012: Jury Finds Android Infringed Copyright

Facebook: In aller Freundschaft...

... verfolgen die potentiellen Investoren die Roadshow zum Börsengang am - so die Gerüchte - 18. Mai 2012. Gestern starteten Mark Zuckerberg und sein Finanzchef David Ebersman im New Yorker Sheraton Hotel. "Wir entwickeln unsere Produkte von grundauf mit einem sozialen Bezug", meint Zuckerberg. Und überhaupt streut er jede Menge Zucker aus. "Wir glauben, dass das Leben der Menschen besser wird und die ganze Welt besser funktionieren wird, je mehr Informationen es gibt. In der Welt gibt es jene Landkarte oder jenen Graphen über all die weltweiten Beziehungen und Verwandtschaften. Nun gibt es echte Leute am Ende jeder Verbindung", erklärt er in einem Video. Naja, 901 Millionen Menschen gefällt das, wie der Spiegel gestern bemerkte. Ob es auch den Investoren schmeckt...
Journalyse-Quelle: Computerworld, 7.5.2012: Facebook kicks off IPO roadshow in NYC

Montag, 7. Mai 2012

Die kurze Geschichte einer langen Leitung

Vor 50 Jahren gab es nur Mainframes & Supercomputer. Dann kamen in den siebziger Jahren die Minis ganz groß raus. Das waren Rechner, die sich in Deutschland auch noch in Mittlere Datentechnik (MDT) aufteilten. Schließlich eroberte zu Beginn der achtziger Jahre der PC im Sturm den Desktop, die Schreibtischoberfläche. Der Laptop diente als Schreibtisch für unterwegs, war zwar mehr ein Knie-Fall denn ein Schoßcomputer, aber an Verbreitung nahm er es - weiterentwicklet zum Notebook - seit der Jahrtausendwende mit dem PC auf. So weit, so logisch. Der Großrechner von gestern wurde immer kleiner. Je kleiner er wurde, desto mehr gab es von ihm. Doch dann schlug plötzlich die gesamte Entwicklung um: zurück in die Startposition. Heute ist der Großrechner wieder überall. Er schwebt als Cloud über uns.
Vielleicht hätte die Branche die Entwicklung vom Mainframe zur Cloud ohne den Umweg über die Minis & Mikros machen können, wenn in einem anderen Teilmarkt der technische Fortschritt ebenso vehement gewesen wäre. Es geht um den Faktor Kommunikation. In der guten, alten Zeit der Mainframes waren die Telefonleitungen schlecht und die Telefonkosten hoch. Der technische Fortschritt fand so gut wie gar nicht statt. Während in der IT die Endgeräte immer leistungsfähiger wurden und damit an Akzeptanz enorm gewannen, blieb das Telefon dumm. Tasten statt Wählscheibe. Das war's. Dabei war die Paketvermittlung, das A und O des 1969 gezündeten Internets, bereits seit 1964 (dem Jahr der /360-Ankündigung) bekannt. Doch die Telekoms der Welt wollten nicht darin investieren. Und als es dann gegen Ende der siebziger Jahre unvermeidlich wurde, ging man immer noch - mit Rücksicht auf die verschlafenen (manche würden sagen: verschlagenen) Amtsbaufirmen - sehr vorsichtig damit um. Doch dann kam mit Beginn der neunziger Jahre das Handy. Zehn Jahre später befand es sich im Vergleich mit der Verbreitung des Computers auf der Überholspur. Aus dem dummen (aber nie stummen) Gerät wurde dann in den vergangenen Jahren das Smartphone, das immer weniger als Telefon dient und immer mehr zum stummen Dialoggerät mit dem Internet avanciert. Heute ist das Smartphone ein hochintelligentes Gerät, das passende Pendant zur Cloud. Und schon beginnt es sich nicht nur zahlenmäßig auszudehnen, sondern auch körperlich. Es wird breiter, es wird länger. Es wird ein Tabletcomputer. Und virtuell umfasst das Gerät in all seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen das gesamte Netz.
Wer auf die Prognosen der sechziger Jahre zurückgreift, wird übrigens feststellen, dass die klügsten Köpfe von damals bereits diese Entwicklung vorhersahen. Wie zum Beispiel Douglas C. Engelbart, der Erfinder der Maus. Er schrieb 1961 (allerdings ohne die Gegenwart von Mobilnetzen):

»Researcher postulate a possible future in which computational power will be available in a wall socket, like electrical power, or where every man who wants one can buy a small computer. Perhaps the computer builder of 1961 finds it hard to comprehend the development of individually available computer power.«

Douglas C. Engelbart, scientist at Stanford University and inventor of the mouse