Was sich seit 1999 Bitkom nennt, war vor zwanzig Jahren noch der gemeinsame Fachverband Informationstechnik von VDMA und ZVEI. Damals wie heute war Bernhard Rohleder, jetzt Hauptgeschäftsführer des Bitkom, einer der Akteure und Denker in diesen IT-Thinktanks. Beim Wühlen im Archiv fand ich eine Schrift von 1996, in der das Thema "Digitalisierung" eher bescheiden auftaucht und als "fast abgeschlossen" eingestuft wurde. Im Hintergrund hört man das Getöse der etablierten Institutionen, die sich offensichtlich die ansonsten überall in der Weltpresse schon damals gefeierte Revolution durch das Internet haben kaum vorstellen können. Dass man sich heute - es sind immerhin 20 Jahre vergangen - im Bitkom und im BDI mit der Digitalisierung intensiv beschäftigt, ist natürlich ein gewaltiger Fortschritt. Und wieder hört man im Hintergrund das instiututionelle Grollen. Denn Digitalisierung heißt in Deutschland "Industrie 4.0", eine ziemlich national gesonnene Ambition, mit der man sich im weltweiten Vergleich voraus weiß. Damit will man überdecken, dass man in den Konsumentenmärkten der Digitalisierung hoffnungslos abgeschlagen ist. Optimieren durch Digitalisieren - das ist der deutsche Mut. Zu mehr reicht es nicht. Und wenn wir dann doch mal das Geschäftsmodell ändern müssen, dann gehe Du, Amerika, erst einmal voran. Das ist seit dem Ende des 2. Weltkrieges die Parole, nach der hierzulande Industriepolitik gemacht wird. Da ist es doch ganz gut, wenn nun nationales Denken wieder in den Vordergrund tritt. Da kann man seine eigenen Schwächen noch besser verstecken...
(Raimund Vollmer)
1996: "Die Digitalisierung macht möglich, große Mengen von Daten, Bildern oder anderen Informationen vollkommen ohne Qualitätsverlust und mit hoher Geschwindigkeit zu bearbeiten, zu kopieren, zu übertragen und anzuzeigen. Diese Entwicklung ist mir der digitalen Telefonie, z.B. über ISDN, sowie mit der bevorstehenden flächendeckenden Einführung von digitalem Rundfunk und Fernsehen sowie der digitalen Sprach und Bildbearbeitung fast abgeschlossen."
Aus: Wege in die Informationsgesellschaft - Status quo und Perspektiven im internationalen Vergleich, Fachverband Informationstechnik von VDMA und ZVEI, Heft 65, Redaktion Bernhard Rohleder