Selbst wenn man, wie in den USA eine Staatsquote von nur 35
Prozent hat, muss man einfach akzeptieren, dass der Staat der größte Wirtschaftsfaktor
eines Landes ist. In Deutschland liegt die Quote sogar fast zehn Prozentpunkte
höher - und zwar traditionell. Das heißt: Man kann sich drehen und wenden, wie
man will, am Ende ist der Staat immer an allem beteiligt, aber deswegen noch
lange nicht der entscheidende Faktor.
Nun
behauptet heute in der FAZ die Wirtschaftsprofessorin Mariana Mazzucato:
"ohne die Regierung in Washington gäbe es heute kein Silicon Valley".
Und sie führt als Begründung die zum Pentagon gehörende DARPA an, die u.a. die
Entstehung des Internets bewirkte, sie nennt die National Science Foundation,
die staatliche Beschaffungspolitik und natürlich die weniger bürokratische
Haltung der eingeschalteten Behörden. Ohne staatliche Hilfe kein Google, kein
iPhone, kein Tesla, meint sie. Sie vergisst zu erwähnen, dass das Internet erst
in dem Augenblick in seine Hochphase driftete, als es sich in den achtziger
Jahren von der DAPRA löste. Sie vergisst zu erwähnen, dass zu Beginn der
neunziger Jahre das Valley den Rückzug
der Rüstungsindustrie zu verkraften hatte und dies mit privat induzierten
Innovationen meisterte. Sie vergisst zu erwähnen, dass an Sprachverarbeitung
seit den sechziger Jahren gearbeitet wird - in Staat und Wirtschaft. Sie
vergisst zu erwähnen, dass das Zentrum des Silicon Valley, die Stanford
University, eine private Stiftung ist. Sie vergisst zu sagen, dass hinter der
Erfindung des Mikroprozessors vor 50 Jahren ein privater Auftrag stand. Und das
Muster, nach dem bis heute das Internet funktioniert, die Paketvermittlung, entstand
zwar in den USA in einer von öffentlichen Aufträgen abhängigen Denkfabrik, der
Rand Corp., aber der Erfinder fand zuerst einmal nicht die entsprechende
Unterstützung durch den Staat und das von ihm geförderte Telefonmonopol
AT&T.
Das Silicon Valley ist nicht auf der Basis einer staatlichen
Idee entstanden. Es waren private Initiativen. Und wenn man ganz, ganz ehrlich
ist: dann waren es in erster Linie sehr, sehr kluge Individuen, die ihre Ideen
umsetzen wollten. Denen ist es ziemlich egal, wer sie bezahlt. Hauptsache ist,
dass sie die Chance haben, umzusetzen, was ihnen an Ideen in den Kopf kommt. Wie
man solche Typen erkennt, wie man solche Typen fördert - das ist nicht
unbedingt die Stärke Deutschlands. Das ist meistens eine Sache des Zufalls, dem
wir auch nicht durch Startups auf die Sprünge helfen können. Dazu brauchen wir
grundsätzlich eine weitaus größere Offenheit gegenüber Ideen, egal, aus welchem
Bereich sie kommen. Wir leben am liebsten in der Komfortzone der Nachahmer. Nur
reicht dies nicht mehr. Erfinder wollen keine Nachahmer sein. Sie wollen noch
nicht einmal das Silicon Valley nachäffen.
Raimund Vollmer