Freitag, 3. Mai 2019

Es gibt spannendere Themen...

... als IBM, heißt es in einem Kommentar zum gestrigen Wiederbelebungsversuch der Journalyse. Und recht hat er, dieser Kommentator (auch wenn SAP irgendwie kein Ersatz ist).
Ein Hinweis kam herein, ich solle mir mal das Mai-Programm der IBM anschauen. Unter der Überschrift "Think at IBM" (was ja fast schon ein Widerspruch in sich selbst ist) läuft dort im voll ornierten, voll bornierten Pubertätsmodus die "Pop-up Experience im Bikini Berlin". Die IBM Deutschland müsse dort die fünf oder zehn Millionen Euro verbraten, die ihr normalerweise für die CeBIT-Teilnahme zur Verfügung stünde. Die CeBIT gibt's ja nicht mehr. Sie hat - im Unterschied zu IBM - ihre eigene Bedeutungslosigkeit erkannt.
Und wenn du (Duzen wird klammheimlich das neue Sie bei IBM) dir das Programm anschaust, dann weißt du, wofür die drei Großbuchstaben IBM stehen: für Infantiler Bock-Mist. Dass Du, IBM, die Kommaregeln nicht mehr kennst, können wir Dir gerade noch verzeihen, aber dass Du, IBM, uns verkaufen willst, dass bei Dir, IBM, irgendetwas in ungezwungener Atmosphäre stattfinden kann, ist schon ein starkes Stück: "Trefft uns beim IBM Karriere-Lunch und lerne in ungezwungener Atmosphäre Einstiegs- und Karrierewege bei uns kennen. Es erwarten euch interessante Einblicke von Kollegen*innen in die verschiedenen Unternehmensbereiche bei denen du wertvolle Kontakte knüpfen kannst." Toll. Hier wird die Jugend angesprochen, die sich bis ins hohe Alter duzen wird. Das ist ein Beispiel für Dugitale Transformation.
Du liest weiter, und dann wird wieder nach guter alter Väter Sitte gesiezt, aber es klingt trotzdem wie ein Du. Dazu taucht es einfach allzu oft auf, plötzlich sogar im Großschreibemodus  "Beschäftigt Dich auch seit geraumer Zeit die digitale Transformation? Fragst Du Dich, welche Informationstechnologie (IT)-Trends sich durchsetzen werden? Möchtest Du Dich zu IT-Strategien und aktuellen Projekten im Hybrid-/Multi- Cloud-, Artificial Intelligence (AI)- oder X As A Service (XaaS)-Umfeld austauschen; mit all ihren Chancen und Herausforderungen, ohne dabei die erforderlichen Investitionsmodelle zur Realisierung aus den Augen zu verlieren?" Ja, kann man da nur antworten: Genau dies treibt mich Tag und Nacht um. Außerdem bin ich Opfer dieser Frage: "You may have missed the latest release of Cognos Analytics - the AI-Driven Business Analytics solutions of IBM?" Ja, ich vermisse dieses Release sehr. 
Please, release me... 
Ansonsten empfehlen Frowny und ich ein Besuch auf der Bikini-Party im Netz. DasProgramm ist kabarettreif. HIER DER LINK.

Raimund Vollmer



Donnerstag, 2. Mai 2019

Wollen wir wieder journalysieren?







Es ist still geworden hier auf der Journalyse-Seite. Das hat seinen Grund. Wir sind demotiviert. Es ist doch alles gesagt - und was noch nicht gesagt ist, interessiert keinen. Es könnte ja die eigene heile Welt stören. Zum verzweifelten Glück gibt es ja die Seite www.despair.com. Sie schrieb auf dem Höhepunkt der New Economy-Krise Geschichte, als sie uns Frowny wegnahm...  Raimund Vollmer

ERINNERUNG AN DIE ZUKUNFT
 
Dallas. Dienstag, 2. Mai 2000. Smiley ist traurig. Aber er darf nicht verzweifelt sein. Das ist verboten. Denn die Rechte an seinem zweiten Gesicht, an Frowny, besitzt jetzt unter der Registriernummer 234767 ein Mann namens E.L. Kersten, Chef der  Firma Despair aus Dallas. Nun will der Amerikaner sieben Millionen Internet-Benutzer verklagen, weil sie keine Lizenz zum Runzeln haben.
So fielen an diesem Tag weltweit die Mundwinkel nach unten.  Aber nicht lange. Wer clever war, loggte sich ins Netz ein und besuchte die Adresse www.despair.com. Dort wurden nämlich die Nutzungsrechte angeboten. Zum Preis von 0,00 Dollar.[1]
FYA. Es war nur ein PR-Gag, mit dem der texanische Anbieter von Scherzartikeln auf sich und seine Website aufmerksam machen wollte. So feiert Smiley in diesem Jahr mitsamt seinen Dutzend anderen Tastaturgesichtern seinen 40. Geburtstag. Denn es war der amerikanische Graphiker Harvey Ball, der im Dezember 1963 das lachende Mondgesicht erfand. 1979 hatte dann Kevin MacKenzie, Hüter der ersten Mailing-Liste im Netz, der sogenannten MsgGroup, die Smiley-Family ins Arpanet gemorpht, dem Vorläufer des Internets.[2] Seitdem beherrschen die Emoticons, angereichert um Dutzende von griffigen  Kurzzeichen, jeden Chat. Sie durchdringen die Newsgroups und heizen die mobile SMS-Welt emotional auf. All dies geschah unter dem Kürzel FYA (For Your Amusement).[3]
Eine nette Anekdote. Mehr nicht? Doch. IOW (In Other Words) erzählt sie uns nämlich sehr viel mehr. Sie weist unterschwellig auf den großen Kampf hin, der vermutlich uns noch sehr, sehr lange bestimmen wird. Es ist der Kampf der Rechte gegen die Ideen. Und die Geschichte von Smiley & Co. ließ lange Zeit die Lösung ahnen. Nur wer seine Rechte dem Gemeinwohl widmet, wird auch gewinnen.
Das war die eigentliche zündende Idee hinter der New Economy. Es war ihr Gesetz, aber nun verschwindet es nach und nach im Land der Rechte, die immer die anderen haben...


[1] Computerworld, January 14, 2002: »A Trademarked Emoticon«      
[2] Fortune, October 9, 2000: »Chronic«
[3] Computerworld, January 14, 2002: »A Trademarked Emoticon«