1994: »Der ideologische Missbrauch von Geschichte wird häufiger mit Anachronismen als mit Lügen betrieben.«
Eric Hobsbawm (1917-2012), britischer Historiker
1994: »Der ideologische Missbrauch von Geschichte wird häufiger mit Anachronismen als mit Lügen betrieben.«
Eric Hobsbawm (1917-2012), britischer Historiker
1993: „Ich lebe viel zu gerne im Hier und Jetzt, als dass es mir Spaß machen würde, mich so in meine Vergangenheit zu verkriechen.“
Michael Philip Jagger, RockmusikerTime, 27. August 1990
Kommentar: Nun bin ich doch sehr gespannt, ob
das neue, zu verändernde Wahlrecht bei der kommenden Bundestagswahl
angewandt werden kann. Clever, wie sich das Bundesverfassungsgericht aus
der Affäre gezogen hat. Man nimmt nur einen Stein raus und guckt,
ob das Gebäude hält oder zusammenfällt. Das ist schon ein Phänomen. Die
FAZ sucht bereits in ihrem heutigen Kommentar nach einer neuen Lehre, die doch
die alte ist: die Gründung eines Arbeitskreises, in denen die Gewählten
nicht die Auserwählten sind, sondern eine irgendwie gestaltete,
vermutlich juristische Elite die bestimmende Macht sein wird. Goethe wird sich eins grinsen.
„Das Höchste wäre: zu begreifen, dass alles Faktische schon Theorie ist. Man suche nur nichts hinter den Phänomenen; sie selbst sind reine Lehre."
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), deutscher Dichterfürst
„Es gibt Beleidigungen, die man nicht bemerken darf, wenn man sich in der Gesellschaft behaupten will.“
Luc de Vauvenargues (1715-1747), französischer Moralist
1817: „Du zählst nicht mehr, berechnest keine Zeit,
Johann Wolfgang von Goethe, in dem Gedicht “Prooemion“
Mönchengladbach 1965. Das genaue Datum habe ich nicht notiert. Ich habe gar nichts notiert. Aber die Erinnerung ist jederzeit in meinem Kopf abrufbar. Es war zu jener Zeit, in der wieder einmal Bundestagswahlkampf war. Adenauer kommt, hieß es. Der alte Mann kämpft für jemanden, den er eigentlich für unfähig hält. Als seinen Nachfolger. Er kämpft für Bundeskanzler Ludwig Erhard. Aber davon weiß ich nichts. Ich bin 13 Jahre alt, und ich will nur später einmal sagen können, dass ich den großen alten Mann mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört habe.
Ich bin Untertertianer, wie es damals noch hieß, um elitär auszudrücken, dass man auf dem Gymnasium ist. Achte Klasse. Stiftisch Humanistisches Gymnasium in Mönchengladbach, eine Feuerzangenbowlenpenne. Hier hatte schon der berühmte Philosoph Hans Jonas die Schulbank gedrückt. Vielleicht hat er, Jahrgang 1903, einstmals in meiner alten, mit Tinte vollgeklecksten Schulbank gesessen. Aber davon weiß ich nichts. Ich bin ja noch jung. Mit 13 Jahren sind einem Philosophen fremder als Politiker. Die sieht man wenigstens im Fernsehen. Bei der ARD, in der Tagesschau und seit 1961 bei ZDF. In der ersten Reihe.
Altkanzler Konrad Adenauer hatte seine Rede auf dem Alten Markt beendet. Ich stand ganz hinten, hatte ihn nur schemenhaft wahrgenommen. Doch plötzlich – bei der Rückfahrt des großen Staatsmannes – stehe ich ganz vorne. In der ersten Reihe der Gasse, durch die der alte Mann in seinem Adenauer-Mercedes, meinem Traumauto, auf seiner Weiterfahrt kommen muss. Und da rollt schon der Wagen auf mich zu. Mein Blick ist auf den Fond gerichtet. Da sitzt er. Hut auf. Desinteressiert. Und dann sehe ich, wie er mich anschaut. Ein, zwei Sekunden lang. Sein Augenblick ist plötzlich mein Augenblick. Er fährt an mir vorbei, hat mich schon vergessen. Aber ich, ich habe einen einzigartigen Augenblick ganz für mich allein – für alle Ewigkeit.
Zwei uralte Augen haben mich angesehen. Augen, die Menschen wie Winston Churchill, John F. Kennedy, Charles de Gaulle, Nikita Chruschtschow in die Augen gesehen haben. Er war dem umstrittenen Papst Pius XII. und dem verehrten Papst Johannes XXIII. begegnet, ebenso Golda Meir und der Queen.
Adenauer hatte – als vierjähriger Junge – 1880 sogar Kaiser Wilhelm I. gesehen. Dessen Sohn, Wilhelm II., hatte ihm 1917, mitten im Weltkrieg, den Titel des Oberbürgermeisters von Köln verliehen. Er war dem von ihm zutiefst verabscheuten Adolf Hitler begegnet, wäre beinahe sogar selbst Reichskanzler geworden. Mit Stresemann als Außenminister. Der stand für Ostpolitik. Adenauer für den Westen. Aber das wusste ich natürlich alles nicht.
Adenauer – ein Mann voller Jahrhunderte überspannende Augenblicke. Und einer davon, wenn er auch noch so winzig war und noch so sehr schnell vergessener Zufall war, einer diese Augenblicke war ich. Ich – ein Augenblick im Mainstream der Zeitgeschichte, der alles unter sich zermalmt.
Es ist dann unser Job, uns zu erinnern.
1747: „Der menschliche Körper ist eine Maschine, die selbst ihre Triebfedern aufzieht – ein lebendes Abbild der ewigen Bewegung.“
Julien Offray de La Mettrie (1709-1752), französischer Arzt und Philosoph, in seinem Buch L’homme machine“
"Ob es allerdings gelingen kann, Planung in der Praxis durchzuführen, ohne dabei einen erheblichen Wandel in den Traditionen und dem Apparat demokratischer Regierung hervorzurufen - das ist die große Frage."
John Maynard Keynes am 14. März 1932 in einer Rundfunkansprache vor dem Hintergrund der großen Wirtschaftskrise