In den nächsten Tagen feiert Heinz Sebiger seinen 90. Geburtstag. Er gründete 1966 die DATEV - als Genossenschaft für den rechts- und steuerrechtsberatenden Beruf. Wäre die DATEV eine Aktiengesellschaft, dann wäre Sebiger heute Milliardär - wie Hasso Plattner. Mit dem Mitgründer der SAP hat er gemeinsam den Wunsch, seiner Heimat als Dank das zurückzugeben, was sie ihm durch die Möglichkeit des Studiums - Sebiger ist Volkswirt - geschenkt hat. Der Unterschied ist nur, dass Sebiger dies bereits mit der Gründung der DATEV vor bald 50 Jahren getan hat - und nicht erst wie Plattner im Alter. Sebiger kam übrigens aus ärmsten Verhältnissen.Und mit der Idee der Genossenschaft hat er versucht, den Gemeinschaftsgedanken über den Egoismus zu setzen. In der Gründung liegt das Geschenk.
Der Berufsstand der Steuerberater, mit dem die DATEV bis heute vor allem verbunden ist, hat es ihm gedankt, indem sie ihm durch eine Alleinvertretungsvollmacht das gesamte Vermögen der DATEV anvertraut hat. Sebiger hätte mit seiner Unterschrift die DATEV jederzeit an jeden verkaufen können. Natürlich hat er das nie getan. Er hat sogar darauf geachtet, dass die Integritätsregeln dieser berufsständischen Organisation peinlichst genau eingehalten werden. Direkte Mandantengeschäfte - ohne Einschaltung des Steuerberaters - waren ihm zutiefst zuwider. Dabei hätte die DATEV damit längst ein Milliarden-Euro-Unternehmen sein können. Heute gibt es zunehmend diese Mandantengeschäfte, aber mehr als vier Prozent Wachstum sind trotzdem nicht drin. Doch das ist eine andere Geschichte...
Sebiger gehört einer Generation an, der es - wie Heinz Nixdorf oder auch Konrad Zuse, ja sogar wie Thomas J. Watson - nicht in erster Linie darauf ankam, persönlichen Reichtum anzuhäufen. Auch Plattner und Dietmar Hopp ging es bei SAP nicht darum. (Sie waren wohl selbst am stärksten von ihrem gigantischen Reichtum überrascht). Ihnen allen ging es darum, ein Unternehmen zu gestalten, ihm einen Sinn und Zweck zu geben, mit dem sich vor allem die Kunden (bei der DATEV waren es zugleich auch die Eigentümer) und die Mitarbeiter (die bei der DATEV bis heute keine Anteile halten dürfen) identifizierten. Das ist ihnen gelungen. Heute zerbröselt dieser Zusammenhalt, weil die Kapitalseite meint, ihr allein gehöre das Unternehmen. Und je weniger diese Kapitalseite sich weder als Mitarbeiter noch als Kunde mit dem Unternehmen identifiziert, desto weniger tun dies auch Kunden und Mitarbeiter.
Um trotzdem ihren Griff auf das Unternehmen bewahren zu können, haben die Aktionäre in der Vergangenheit vor allem versucht, das Management auf ihre Seite zu ziehen - nicht zuletzt durch Zahlung von exorbitant hohen Gehältern. Das geht auch eine Zeitlang gut. Aber irgendwann verschwindet der unternehmerische Wagemut, versagen die letzten Identifikationsmuster, mit denen Mitarbeiter und Kunden ihre Treue bewahren. Dann braucht das Land wieder solche Typen wie Heinz Sebiger, Heinz Nixorf, Dietmar Hopp und Hasso Plattner. Aber die große Frage ist: Kommen dann noch solche Typen aus unseren Universitäten?
Raimund Vollmer
2 Kommentare:
Warum Universitäten?
Meister könnten wir auch gut brauchen, Meister!
Stimmt. Und die sind noch nicht einmal von irgendeinem Professor verdorben worden...
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