Dienstag, 27. Oktober 2009

10.000 IBM Mainframes im Neon-Licht einer Kartell-Klage...

... so könnte man eine Story zusammenfassen, die jetzt in dem Branchendienst Client Server News (CSN) erschien. Zwischen 6.000 und 8.000 Unternehmen gibt es weltweit, die insgesamt 10.000 IBM Mainframes einsetzen. Das texanische Softwarehaus Neon - wir berichteten - hat in den vergangenen zwei Jahren mit einem Aufwand von sechs Personenjahren eine Software entwickelt, zPrime, die es ermöglicht, IBMs prozessorabhängiges Preismodell zu umgehen und günstigere Ressourcen auf dem Mainframe zu nutzen. CSN berichtet nun, dass jene Kunden, die momentan auf insgesamt 20 Großrechnern vom Typ Z diese Software nutzen, mit Datum vom 10 Juli 2009 eine Art Blauen Brief von Big Blue bekommen haben. In ihm werden sie auf die unangenehmen Folgen aufmerksam gemacht, die eine Umgehung des Preissystems für sie bedeuten könne.
Für NEON ist dies ein klassischer Rückfall in die Zeit von FUD, der Abkürzung von Fear, Uncertainty and Doubt. In den siebziger Jahren hatte der Ex-IBMer und Vater der /360, Gene Amdahl, diesen Begriff geprägt. Er war es gewesen, der mit vollkompatiblen Systemen das Preissystem der IBM zum Einsturz brachte. Ein ähnliches Potenzial hat auch Neon mit dem Produkt zPrime. Kein Wunder also, dass IBM, die zwar nur 20 Prozent ihres Umsatzes mit Mainframes macht aber 40 Prozent ihres Gewinns, sehr nervös wird. Denn ihre wirtschaftlich lukrativste Plattform steht auf dem Spiel.
Etwa zum selben Zeitpunkt, als dieser Brief erschien, begann Neon mit den Testinstallationen. Plötzlich tauchten Systemspezialisten auf und erklärten, dass sie den Rechner mit neuen Chips ausstatten würden - aber offensichtlich nur unter der Bedingung, dass die Kunden in einem Brief mitteilen, dass sie neue Bedingungen akzeptieren, die letztlich den Einsatz von zPrime außer Kraft setzen. Dem Bericht kann man unschwer entnehmen, dass es ein reichlich plumper Versuch zu sein scheint, der übrigens die Kunden stark verärgert.
Das Ganze spielt sich ab vor dem Hintergrund mehrerer Antitrust-Untersuchungen, von denen die jüngste, die des US-Justizministeriums, noch die harmloseste zu sein scheint. Die Verfahren gegen Intel und Microsoft zeigen, dass vor allem die EU-Kommission sehr unangenehmen werden kann. Sie hatte auch vor 25 Jahren gegen Big Blue einige Auflagen durchgesetzt, obwohl die US-Regierung zwei Jahre zuvor, 1982, ihr Verfahren sang- und klanglos eingestellt hatte.
Sollte IBM ihre Angriffe auf Neon verstärken oder nicht zurückziehen, so erwägt Neon, im Januar 2010 selbst eine Klage gegen IBM anzustrengen. Das wäre äußerst unangenehm. Denn die Sympathien gehören eindeutig dem texanischen Unternehmen - vor allem, wenn die Begründung greift: IBM würde den Wettebewerb einschränken und von ihren Kunden zu hohe Preise verlangen.
Der Bericht von CSN enthält Angaben von Unternehmen über deren Einsparungen. So soll ein Kreidtkartenunternehmen 50 Prozent seiner Transaktionskosten eingespart haben. Neben dem Effekt, dass es nun seine Z nicht aufrüsten müsse, zählt ein anderes Unternehmen auf, wo und wie es bereits mit zPrime spart: 90 Prozent des Workloads von IMS wird neu auf die Prozessorenj verteilt, und bei CICS beträgt der Anteil 44 Prozent. Hinzu kommt, dass 93 Prozent der Batchverarbeitung von IMS und DB2 auf günstigeren Prozessoren laufen.
Journalyse-Quelle: CSN, 21.10.2009; IBM'*s Mainframe Monopoly threatened by BMC Founder's Shop

Dokumentation
DER BLAUE BRIEF

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