(Kommentar) ... titelt die FAZ auf ihrer samstäglichen Medienseite. Redakteur Michael Hanfeld äußert sich hier sehr negativ und polemisch zu dem Ende des Leistungsschutzrecht, das dafür sorgen sollte, dass Verlage sich über die Google-Suche refinanzieren.
Im Prinzip ist diese Protestäußerung auch in Ordnung. Jeder soll seine Meinung frei äußern dürfen. Nur hatte man in Aufmachung und Platzierung den Eindruck, dass es sich hier um eine Nachricht handelt - und nicht um eine Kommentierung oder um einen Meinungsartikel. Doch man sieht sich getäuscht. Entsprechend ist die Reaktion.
Die Leser lassen sich in ihren Kommentaren, die übrigens bei der FAZ Lesermeinungen heißen, mehrheitlich nicht auf diese Meinung ein. Ich bin seit 40 Jahren in dem Beruf, stamme aus einer Journalistenfamilie, habe also zeitlebens etwas mit Zeitungen zu tun gehabt. Und in all den Jahrzehnten habe ich den allmählichen Abstieg derer miterleben und miterleiden dürfen, die sich um das kümmern, was man heute Qualitätsjournalismus ist (es gibt demnach also auch das Gegenteil von Qualitätsjournalismus). Was immer wir selbst daran schuld sind, dass es zu diesem wirtschaftlichen (und vielleicht auch intellektuellen) Abstieg kommen konnte, eins ist sicher: Am wenigsten haben die Verlage unsere Leistungen geschützt.
Ich persönlich halte es für reichlich verlogen, wenn sich nun die Verleger hinter unseren Leistungen verstecken, um bei Google abzukassieren. Bei einem Treffen in der vergangenen Woche mit Kollegen aus der Tagespresse wurde mir sehr deutlich, dass sich die Zeitungen offenbar in einer Todesspirale befinden, aus der es kein Entrinnen gibt. Es gibt keine Rettung. Auch nicht durch die werbetreibende Wirtschaft. Sie st selbst längst Opfer einer Industrie, für die Meinungsfreiheit etwas ist, was man mit allen Mitteln kontrollieren muss. Das Wirtschaftsmagazin The Economist meinte kürzlich in einem Artikel, dass auf einen Journalisten inzwischen 9 PR-Leute kommen. Und von denen kämpft wirklich keiner für Meinungsfreiheit. Auch nicht im Internet. Aber zum Glück gibt es immer mehr Leser, die das Internet nutzen, um ihre Meinung kundzutun. Das ist unsere einzige Hoffnung: Auf einen PR-Menschen kommen inzwischen neun Leser, die genau dieses Recht auf "Lesermeinung" wahrnehmen. Es ist die einzige Leistung, die uns - die Journalisten - schützt. Wir müssen die Leser auf unserer Seite haben. Das gilt vor allem dann, wenn die Leser anderer Meinung sind als wir selbst.
Raimund Vollmer
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