Mittwoch, 10. September 2008

Meinung: Zuviel totes Geld in IT?

Es ist wohl nicht zu ändern: Rund zwei Drittel der Ausgaben für IT dienen nach Einschätzung der Gartner Group nur dafür, den laufenden Betrieb aufrecht zu halten. Zum Wachstum eines Unternehmens tragen diese Aufwendungen nichts bei. „Dead Money – totes Geld“, nennen dieses Phänomen die Marktforscher von Gartner. Es ist Geld, das nicht zum Wandel beiträgt, ihn vielleicht sogar verhindert. Nur 20 Prozent des Budgets fließt in den Wirtschaftsfaktor „Change“. Zu wenig, meint Gartner, zumal für „Transformation“ so gut wie gar nichts übrig bleibt. Die Frage ist nur: Wie viel Wandel verträgt der Mensch, wie viel Wandel verträgt ein Unternehmen? Und Transformation – die komplette Änderung des Geschäftszwecks – ist ohnehin ein Thema, dem sich Unternehmen wohl nur alle 30 Jahre unterziehen können.
Im übrigen gehen die Ideen, mit denen die IT-Branche bis heute ihr Geld verdient, auf die fünfziger, sechziger und siebziger Jahre zurück:
- Plattenspeicher wurden in den fünfziger Jahren bei IBM erfunden. Gegen den ausdrücklichen Willen des Managements.
- Integrierte Schaltkreise gibt es seit genau 50 Jahren, seit 1958, und brachten dem Erfinder Jack Kilby erst 2000 den Nobelpreis.
- Es war 1968, als auf einer Nato-Tagung in Garmisch-Partenkirchen die Softwarekrise ausgerufen wurde. Bis heute ist sie nicht wirklich gelöst.
- Der Mikroprozessor wurde 1969 bei Intel erfunden – aus purer Not (Rettung eines Kundenauftrags). Und eigentlich wussten die Erfinder anfangs gar nicht, was sie mit dem Tausendsassa außer zur Steuerung von Waschmaschinen und Ampeln anstellen sollten.
- Das Relationenmodell, Grundlage aller populären Datenbanken, dachte sich 1969 der Mathematiker Edgar F. Codd aus. Zehn Jahre lang wusste sein Arbeitgeber, die IBM, gar nicht, ob sie diese Erfindung überhaupt nutzen sollte.
- Das Internet, ebenfalls 1969 gestartet, basiert auf Erfindungen und Erkenntnisse, die bis in die fünfziger Jahre zurückgehen. Erst seit den neunziger Jahren genießt es den Nimbus eines neuen Mediums.
- Und wenn wir schon bei dem Jahr 1969 sind: Auch Unix fand damals seinen Anfang. Aus Frust. Seinen Namen bekam es 1970. Fast anderthalb Jahrzehnte vegetierte es vor sich hin - als ein reines „Studentenwerk“.
Warum diese langen Inkubationszeiten? Warum diese Widerstände? Weil es ganz einfach menschlich ist. „Die Zukunft macht eine Pause – und dann einen Sprung“, meinte einmal Robert L. Bartley, Columnist des Wall Street Journalist. Vielleicht stehen wir momentan wieder vor einem Sprung. Es wird irgendwie auch Zeit, selbst wenn nach einer Umfrage der USU bei Kunden und Mitarbeitern 76 Prozent der Meinung sind, dass die IT-Branche in den letzten zehn Jahren an Innovationskraft gewonnen hat. Was fehlt, sind Basisinnovationen. Vielleicht sind sie längst da, wir erkennen sie nur noch nicht.

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