Freitag, 30. August 2013

NSA: Besitzen die Amerikaner extraterritoriale Rechte?

(Kommentar) Plötzlich tauchte im Gefolge der Snowden-Offenbarungen ein Geheimvertrag von 1968 zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland auf, der - seit 1990, seit der Wiedervereinigung - eigentlich hätte für obsolet erklärt werden müssen, weil er - so erfuhren wir jetzt - nicht kompatibel mit der endlich vollständig wiederhergestellten Souveränität Deutschlands sei. Wir wissen nicht, was dieser Vertrag genau besagte und was er im täglichen Leben der Geheimdienste bedeutete. Wir hörten nur, dass er nicht mehr gebraucht wurde. Während der CoCom-Ausschuss, seit 1950 in Kraft, 1994 aufgelöst wurde, hatte man diesen Geheim-Vertrag wohl vergessen. Sagt man uns. Und das sollen wir auch noch glauben.
Der CoCom-Ausschuss, der eine Liste jener Firmen erstellte und überwachte, die rüstungsrelevante Güter der Hochtechnologien produzierten, war zwar ein Zusammenschluss von Staaten, die wie Frankreich oder Großbritannien volle Souveränitätsrechte genießen, doch besaßen die USA offenbar Sonderrechte. Sie hatten das letzte Wort. Denn es herrschte kalter Krieg, und vor allem der Ostblock unterlag dem CoCom-Embargo.Wer widerrechtlich Computer exportierte (besonders gefragt waren Rechner der Firma DEC), musste damit rechnen, dass er in den USA strafrechtlich verurteilt wurde, auch wenn er kein Amerikaner war und der Verstoß zum Beispiel in Deutschland (CoCom-Mitglied) stattfand. Letztlich regierten die USA in die Souveränitätsrechte anderer Länder hinein.
Man kann dazu stehen, wie man will. Immerhin gilt die CoCom-Liste als sehr erfolgreich und soll zum Zusammenbruch des Ostblocks beigetragen haben. Was aber nicht kommuniziert wurde, war der Verzicht der Mitgliedsstaaten auf Souveränitätsrechte. Und das wird auch heute noch sehr niedrig gehalten. Es gehört ja nicht gerade zur Ruhmesgeschichte eines Landes, wenn man einem Dritten massive Rechte einräumt. Aber als Bürger wird man sehr, sehr misstrauisch - und fragt sich, was vielleicht noch alles hinter unserem Rücken so verhandelt und vereinbart wurde. Wenn man seinem eigenen Staat nicht mehr trauen kann, dann wird eine Demokratie sehr brüchig.
Immerhin haben wir ein Recht darauf, so etwas zu erfahren. Zumindest sollten unsere Volksvertreter darüber umfassend informiert sein. Und wenn sie es nicht sind, wir wir nun erahnen, oder es gar nicht wissen wollen, was wir fast schon annehmen müssen, dann müssen wir zu dem Eindruck kommen, dass unsere Abgeordneten ihrer vornehmsten Aufgabe nicht gerecht werden: der Kontrolle der Verwaltung, der Exekutive. Die Parteien, aus deren Reihen unsere Volksvertreter kommen, sind offensichtlich zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu kontrollieren, vor allem in Zeiten des Wahlkampfes, um auch noch die Kraft und die Courage zu besitzen, den staatlichen Apparaten auf die Finger zu schauen. Dass wir nichts so dringend brauchen wie Zivilcourage, das lehrt uns Snowden.
Übrigens: unsere Recht auf Selbstbestimmung, unsere Freiheit, war die Errungenschaft, die uns im Gefolge der Französischen Revolution jene wissenschaftliche und technologische und Überlegenheit gegeben hat, die uns an die Spitze der wirtschaftlichen Entwicklung brachte.
Raimund Vollmer

2 Kommentare:

Besserwisser hat gesagt…

wie Pfarrer Braun - er kann's nicht lassen

Oder die Schweigegelder sind zu knapp bemessen?

:-)

Raimund Vollmer hat gesagt…

Der Besserwisser ist auch nicht besser.