Donnerstag, 16. Oktober 2014

Antitrust: Der Kommissar und die Angst vor Google

Das Wall Street Journal berichtet, dass die Art und Weise, wie in Deutschland und Frankreich auf das Phänomen Google reagiert wird, von dem scheidenden Antitrust-Kommissar der EU, Joaquín Almunia, als "irrational" und "defensiv" betrachtet wird. Die europäischen Anbieter aus Technik und Medien lägen hinter den US-Konzernen weit zurück, was Bedeutung und wohl auch Expertise anbelangt, und würden nun durch eine Emotionalisierung versuchen, die Internet-Szene aufzumischen. Inzwischen geht es nicht mehr nur um Datenschutz und Wettbewerbsverstöße, sondern auch um Steuererleichterungen, die sich ausländische Konzerne wie Google in Ländern der EU gesichert hätten. Antitrust-Verfahren seinen sehr faktenbasierende und rational geführte Prozesse, meinte der Spanier Almunia, der inzwischen mit Google über den vierten Kompromissverschlag verhandelt und sich dabei einem massiven politischen Druck ausgesetzt fühlt.

Kommentar: Als täglicher Leser der FAZ ist es in der Tat inzwischen unerträglich, hier jeden Morgen zu sehen, wie aus allen möglichen Winkeln heraus vor allem gegen Google und Amazon geschossen wird. Wenn Unfähigkeit des Managements dieser beiden Firmen das Thema wäre, dann könnte man ja noch Verständnnis dafür haben. Hier ist es aber das genaue Gegenteil. Google und Amazon sind in allen Belangen den europäischen Konzernen derart überlegen, dass man eher an der Qualität der hiesigen Firmenleitungen zweifeln muss. Hier kämpfen alte Unternehmen um den Fortbestand ihrer überkommenen Geschäftsmodelle, die von US-Unternehmen ausgehebelt werden. Aus der Betrachtung der vergangenen zwanzig Jahren ist zu entnehmen, dass die Firmen Europas alle Chancen hatten, es den Amerikanern gleichzutun. Sie hatten wirklich die Chancen. Es war ihr Management, das versagte, nicht das der Amerikaner.
Die Amerikaner probieren in den Anfängen einer neuen Industrie oder Technologie alle möglichen Wege aus mit der Folge, dass sie zuerst einmal Zeit verlieren. So hatten sie auch vor rund 60 Jahren das Wettrennen um den ersten Satelliten verloren. Aber dann in einer immensen Kraftanstrengung ließen sie die Russen deutlich hinter sich. (Ist es beim Mobilfunk nicht ähnlich. Europa hatte anfangs einen Riesenvorsprung.) Bei uns wird - vor allem in Deutschland - zu wenig gewagt, wir sind nur gut im Optimieren, nicht im Experimentieren. Und wenn wir dann hintendranliegen, dann rufen wir nach Subventionen.
Wetten, dass es bald ein entsprechendes Programm geben wird (wenn es nicht schon längst in der Pipeline ist). Hoffentlich kann sich der für die Digitalisierung verantwortliche Kommissar Öttinger diesen Versuchungen widersetzen. Raimund Vollmer

6 Kommentare:

TR hat gesagt…

Es gibt doch mittlerweile mehr als genug Browser Addons, die es einem ermöglichen, weitgehend unmanipuliert das Internet zu bedienen.

Den Algorhithmus von Suchmaschinen transparenter zu machen ist genau das, was NICHT im Sinne der grossen Mehrheit der Internetbenutzer ist.

Übrigens wird jeder Suchmaschinenoptimierer wohl bestätigen, dass der Google Algorhithmus den mutmasslichen Informationsbedürfnissen der Benutzer sehr entgegenkommt.

Analüst hat gesagt…

Nicht zu vergessen, lieber Journalyst: Wir Deutschen sind auch Weltmeister - nicht nur im Fussball, sondern auch im Jammern und Nörgeln.

Raimund Vollmer hat gesagt…

Lieber Analüst,
wir haben es gleich beim ersten Mal verstanden. ;-)

Lieber TR, wunderbar die Formulierung: "das Internet zu bedienen". Das ist so etwas von zweideutig!!!

Analüst hat gesagt…

@TR: Nicht zu vergessen: Es gibt außer Google noch jede Menge anderer Suchmaschinen. Bin gerade dabei die "Antwortmaschine" Swisscows.ch zu erforschen :-)

TR hat gesagt…

Ich favorisiere seit einer Weile 1. startpage.com. Das ist sozusagen Google ohne Filter.
Ich muss aber anmerken, dass sich die Suchergebnisse -bei mir- kaum unterscheiden.
2. Ixquick.com. Das ist sozusagen alles ausser Google, ebenfalls ohne Filter.
3. Metager.de, DIE deutsche Metasuchmaschine.
Alle drei werben mit besonderer Sicherheits und Anonymität.
Und wenn ich die ganze Fülle von youtube geniessen will, dann nehme ich 4. TOR Browser, für Privatleute die Wunderwaffe schlechthin, aber etwas umständlich.

Raimund Vollmer hat gesagt…

Danke für die Tips, lieber TR.