Kommentar (revidierte Fassung): Das nächste Quartal werde hart, meinen momentan die Auguren beim Blick auf die IT-Szene. Der Grund für ihre Skepsis: Die Vorstände der großen Unternehmen würden Investitionsentscheidungen vorsichshalber zurückhalten, um erst einmal zu sehen, wie sich die Wirtschaft entwickelt. Anstoß für eine skeptischere Sicht gaben zuletzt die Zahlen von Oracle über das am 30. November zu Ende gegangene Quartal. Oracle weist zwar Wachstum aus, aber unter den Erwartungen.
In den Leser-Kommentaren zu einem Bericht im Wall Street Journal kristallisiert sich die Meinung heraus, dass Oracle zwar im Datenbanksektor einen hervorragenden Job mache, aber die Software viel zu teuer sei - vor allem wohl in der Wartung. Die Kunden hätten bisher diese Preise geschluckt, weil eine Umstellung auf günstigere Lösungen zu aufwendig sei. Aber das erhöht nicht unbedingt die Bereitschaft, dies bei zukünftigen Projekten ebenfalls hinzunehmen. Hier macht sich allmählich der Strukturwandel in der IT bemerkbar. Dieser Wandel ist mehr als nur der Trend zur Cloud, den Oracle verpasst hat. Vielleicht sogar mit gutem Grund. Denn die Frage ist, ob die Kunden eigentlich wissen, auf was sie sich mit der achso sorgenfreien und kostensparenden Cloud eigentlich einlassen.
Cloud wird mancherorts völlig falsch verstanden - und zwar als eine Ersatzhandlung. Die Cloud ist für manden Anbieter vor allem aus dem IT-Servicegeschäft in erster Linie ein wunderbarer Platz, um seine eigenen Schwächen zu verbergen. Hier können sich die Zombies der IT verstecken. Man umgibt sich mit den Innovationen anderer, ohne deren tiefgreifenden Sinn zu verstehen. Man glaubt sich sicher hinter dem breiten Rücken der wahren Pioniere, die darin allerdings etwas ganz anderes sehen als die Imitatoren. Für sie ist es ein veritables Zukunftsgeschäft und nicht ein Reparaturprogramm.
Cloud Computing ist für die meisten Mitläufer nichts anderes als ein Beschäftigungsprogramm. Es ist ein Tarnplatz für alle, die keine eigenen Ideen haben, die im Prinzip bislang auch nicht auffällig geworden sind durch eigene Innovationen, geschweige denn Inventionen. Wie wichtig diese sind, das werden wir in den kommenden Jahren in einem bislang nie gekannten Maße sehen. Der Kampf um die Patente, so pervers dieser mitunter erscheinen mag, ist nur ein Vorspiel. Es geht letztlich um die Vorherrschaft in der gesamten Wirtschaft, nicht nur in der IT. Die wahren Champions interessieren sich nicht um Marktanteile in der IT. Sie wollen bestimmen, wie wir wirtschaften, produzieren und konsumieren.
Das IT-Establishment, das jetzt vollmundig die Cloud preist, hat das noch gar nicht begriffen. Es übt sich in einem nebulösen, wolkigen, nichtssagenden Marketing. Überhaupt: Wer erkennen will, wie ahnungslos die Firmen sind, der schaut sich ihr Marketing an. Es ist nicht nur schlecht, sondern auch völlig belanglos. Es strotzt von Motherhood-Statements. Wer darauf reinfällt, darf sich nicht wundern, wenn er plötzlich merkt, dass das Leben in der Cloud ohne Halt ist. Die wahren Pioniere der Clouds, die Amazons, Apples und Googles, locken nicht nur damit, dass sie IT-Dienstleistungen übernehmen, sondern es sind Unternehmen, die in Wahrheit die Geschäftsmodelle der realen Welt angreifen und zerstören. Im Einzelhandel und in den Medien. Aber das ist erst der Anfang. Denn in Wirklichkeit ziehen sie mit darwinistischer Brutalität den Konsumenten auf ihre Seite. Und da kommen dann auch noch Facebook & Co. ins Spiel. Im Cloud-Geschäft geht es letztlich nur um den Endkunden. Aber bis die anderen das gemerkt haben, die anderen Anwender und Anbieter, ist der Markt längst verteilt. Kein Wunder: In der Wolke ist die Sicht immer sehr begrenzt. Wer wissen will, was auf der Erde los ist, muss unterhalb der Wolke bleiben. Vielleicht hat Oracle dies erkannt (letztlichz auch mit dem Kauf von Sun). Vielleicht wird so mancher Kunde merken, dass er in die Cloud hinein nicht nur seine IT outsourct, sondern auch sein komplettes Geschäftsmodell.
Denn darum geht der eigentliche Kampf in diesem Jahrzehnt.
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