Kommentar: IBM ist und bleibt ein eher langweiliges Unternehmen. Sie lebt nach wie vor von einer Strategie, die nicht etwa - wie allseits behauptet - Lou Gerstner 1993 mit seiner Ernennung zum CEO eingeschlagen hat, sondern bereits 1985, also vor 25 Jahren, dessen Vorgänger John Akers eingeleitet hat. Er scheiterte an dem "Biest IBM", das die Rückkehr zum Service nur widerwillig akzeptierte. Erst die von Gerstner grandios inszenierte Untergangs-Kulisse, vor der der neue Chef als Retter richtig zur Wirkung kam, schürte soviel Existenzangst, dass IBM bereit war, Dienstleistung als Zukunftsgeschäft zu akzeptieren. In den siebziger und frühen achtziger Jahren hatte IBM, die Service eigentlich immer als ihre Kernkompetenz angesehen hatte, sich angesichts der japanischen Herausforderung auf Produktgeschäft und Produktion verlegt. Ein Fehler, wie Akers erkannte, der die Kurskorrektur gegen massiven Widerstand aus den eigenen Reihen einleitete und am Ende so genervt war, dass er IBM zerschlagen wollte. Wenn man die läppischen vier Milliarden betrachtet, die Big Iron heute im Quartal mit Hardware umsetzt, dann fragt man sich, was hätte wohl eine ausgegliederte Hardware-Tochter damit gemacht. Ähnliches gilt für das Software-Business, dessen Umsätze sich ja mehr und mehr aus Zukäufen generieren. Nächstes Jahr wird IBM ihr 100jähriges Bestehen feiern. Sie legt dabei die Verschmelzung zur Computing Tabulating Recording (CTR) als Gründungsdatum fest. Eine Kopfgeburt ohne eigenständiges Konzept war das damals. Erst drei Jahre später, 1914, als Thomas J. Watson die Bühne betrat, wurde aus dem Sammelsurium jener Monolith, dessen geballte Marketin-Power die Konkurrenz bald erzizttern ließ. Ein Unternehmer stand an der Spitze. Und 1989 feierte Big Blue auch die Ankunft dieses Entrepreneurs als das Gründungsereignis. Dass Palmisano nun 2011 wählt, lässt auf zweierlei schließen: Er möchte gerne während seiner Amtszeit ein Jubiläum feiern. Denn 2014 würde er nicht mehr an der Spitze stehen. Und ihm sind die Aktionäre (denn diese waren es, die 1911 den Zusammenschluß bewirkten) wichtiger als der Eintritt von genialen Unternehmer wie Watson, die Wagemut honorierten.
Unter den Nachfolgern, die jetzt im Gespräch sind, ist übrigens keiner, der durch unternehmerisches Engagement aufgefallen ist. Das sind klassische Corporate Men (bzw. Woman). Das schwächelnde Servicegeschäft, die Weigerung von Kunden, bestehende Dienstleistungverträge zu verlängern, sollte dem Management doch Warnsignal genug sein.
IBM braucht wieder Unternehmer an die Spitze - auch auf die Gefahr hin, dass dies den satten Analysten weniger gefällt. Denn ein Strategiewechsel ins 21. Jahrhundert hinein ist dringend erforderlich. Er verlangt zugleich auch eine neue Mentalität.
1 Kommentar:
IBM - Sie, er oder es???
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