Dass unsere Demokratie nur noch die "Benutzeroberfläche auf dem Weg zur Geheimdienstdiktatur" sei, meint heute Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Club, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er rügt darin, dass die Geheimdienste eigentlich sagen können, was sie wollen. Denn: "Überprüfen kann die Behauptungen der Dienste ohnehin niemand, der nicht direkten, unumschränkten Zugang zu allen technischen Systemen und Dokumenten bekommt." Und genau das wussten die Geheimdienste durch Zerstückelung der Kompetenzen bestens zu verhindern - bis Edward Snowden kam, der genau diesen Zugriff hatte und alle Tabus brach. "Sich darauf zu verlassen, dass sich die Dienste an Recht und Gesetz halten oder sich gar selbst beschränken, ist angesichts des jetzt Bekanntgewordenen nur noch naiv." Dieshalb fordert er: "Wenn die Dienste sich nicht effektiv kontrollieren lassen wollen, gehören ihre Führungsriegen vor Untersuchungsausschüsse und gegebenenfalls Gerichte gestellt und die Behörden aufgelöst."
Da empört sich jemand, der hinter sich die Komptenz des CCC weiß, obwohl es sich hier offenbar um einen persönlichen Artikel handelt. Er schreibt nicht im Namen des Computer Chaos Club. Und die FAZ, die sich in ihrem Feuilleton schon seit Wochen sehr, sehr kritisch mit der NSA und den Diensten auseinandersetzt, gibt Rieger auch den Aufmacherplatz, aber man hat in all den Veröffentlichungen das Gefühl, das die Kritiker sich zwar auf die Geheimdienste stürzen und ihrer Entrüstung Luft machen, aber die Kritik an den Parlamenten aussparen. Es liegt ausschließlich in deren Macht und Komptenz, Gesetze zu verabschieden, die diese Kontrolle möglich machen. Stattdessen nutzen die Untersuchungsausschüsse weder ihre Möglichkeiten, noch fordern sie von ihren Kollegen die Verabschiedung von Gesetzen, die ihnen die unbedingte Kontrolle übereignen. Stattdessen verkriechen sie sich hinter ihrer selbstverschuldeten Unkenntnis, die außerdem noch dadurch institutionalisiert wird, dass sich die Parteien im Ausschuss gegenseitig blockieren. Wir brauchen Parlamentarier, die endlich die Courage haben, die Dienste in die Verantwortung zu nehmen. Und es wäre schön, wenn die Medien und deren Mitstreiter diese Forderung mal sehr viel deutlicher in den Mittelpunkt stellten.
Die fehlende Gewaltentrennung ist der Kern des Übels. Die Gewaltentrennung zu unterlaufen, ist das Ziel aller Exekutive, am stärksten ausgeprägt bei den Diensten. Deswegen können sie sich für Gott halten. Die Exekutive versteht es ausgezeichnet unsere Parlamente so beschäftigt zu halten, dass diese sich längst zu deren Erfüllungsgehilfen gemacht haben. Nun hoffen wir, dass wir mit der Bundestagswahl Parlamentarier bekommen, die diesen "Gott" in die Schranken verweisen. Man kann ja wenigstens hoffen.
Raimund Vollmer
2 Kommentare:
Kürzer: Wir brauchen Parlamentarier, die endlich die Courage haben.
Punkt. (Und vielleicht sogar eine eigene Meinung??)
Einverstanden, Besserwisser!
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