Montag, 6. Juni 2011

Die Viererbande: Apple, Amazon, Google und Facebook...

... sind auch heute ein Thema im Wall Street Journal, nachdem Ex-Google-Boss Eric Schmidt dies Internet-Quartett letzte Woche auf den Schild gehoben hatte. In dem aktuellen Gespräch mit dem Top-Job-Hopper (Sun, Novell) wird deutlich, dass jeder der Fab Four es geschafft hat, ungehindert durch den anderen Wachstum zu erzeugen und seine Kreativität zu entfalten - und zwar auf der Basis der absoluten Konzentration auf den Konsumenten. Jetzt aber kommen sich die vier glorreichen Sieger der New Economy zunehmend gegenseitig ins Gehege.
Journalyse-Quelle: Wall Street Journal, 6.6.2011: The New Online Wars

Kommentar. Alle vier leben von der Kreativität anderer. Apple hat - übrigens ebenso wie Microsoft - nichts erfunden. Die Basisideen hatten immer vorher schon andere. Musik, Handys, PC, grafische Benutzeroberfläche. Selbst die Apps sind eine Idee, die so alt ist wie die Software-Industrie. Amazon wäre nichts, wenn nicht vor 500 Jahren ein gewisser Herr Johannes von Gutenberg die Bibel abgeschrieben hätte - in beweglichen Lettern. Millionen von Autoren hat er seitdem das mehr oder minder lukrative Geschäftsmodell geliefert. Facebook lebt einzig und allein davon, dass Menschen sich gegenseitig etwas zu erzählen haben - und mixt das mit Werbung. Und Google? Was hätte Google im Internet zu suchen, wenn nicht Abermillionen von Menschen dafür sorgen, dass man im Internet auch etwas findet. Das soll nicht heißen, dass diese vier nichts eigenes auf die Beine gestellt haben - sondern es geht ganz einfach darum, deren Bedeutung zu relativieren. Hinter ihnen stehen Abertausende von Mitarbeitern, die täglich ihren Job machen, damit die Systeme, an deren Spitze sich die Milliardäre sehen, funktionieren.
Und wenn wir in diese Systeme und deren Bewertung an der Börse hineinschauen, dann haben wir es hier mit einer vollkommenen Kommerzialisierung des Kunden zu tun. Denn letzten Endes wird - das zeigen ja die Formeln, nach denen im IPO-Umfeld dieser Typ von Unternehmen bewertet wird - die Kaufkraft der versammelten und zukünftigen Kunden bewertet, nicht die wirtschaftliche Basis des Unternehmens. Der Kunde ist letztlich das einzige Geschäftskapital. Wir werden in den nächsten Jahren erleben, wie flüchtig dieses Geschäftskapital ist. Einen ersten Vorgeschmack hatten wir beim Zusammenbruch der New Economy vor zehn Jahren. Damals hatten die Börsengänger davon gelebt und profitiert, dass der Privatanleger, der Konsument, die Aktie entdeckt hatte. Er wurde bitter enttäuscht. Es kann durchaus sein, dass in diesem Jahrzehnt die enttäuscht werden, die auf den Kunden als Käufer setzen. Denn der Versuch, alles mit Werbung zu durchsetzen und die Entscheidungen der Kunden zu beeinflussen, nähert sich mehr und mehr der Grenze des Erträglichen.
Raimund Vollmer

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