... in der Berufung vor einem Bundesgericht bedeutet noch lange nicht, dass ein Bundesstaat dies akzeptiert und auf ein eigenes Verfahren verzichtet. Im Gegenteil: Jetzt geht's erst richtig los.
Sergey Aleyniko, 42 Jahre alt, hatte ein Angebot bekommen, das er nicht ausschlagen konnte. Eine Million Dollar sollte er für die Entwicklung eines Programms bekommen, mit dem der frischgebackene Hochfrequenzhändler Teza Technologies LLC aus New York in das Geschäft mit den schnellen Börsenumsätzen einsteigen wollte. Der Exilrusse arbeitete zu dieser Zeit bei der Investmentbank Goldman Sachs. Er lud nun ein 32 Megabyte großes Programm, mit dem sein bisheriger Arbeitgeber die Börse abklopfte und abschöpfte, vom Server der Bank auf einen Server in Deutschland. Doch er wurde dabei erwischt, verhaftet, verurteilt - und in einem Berufungsverfahren wieder freigesprochen. Er habe gegen keine Bundesgesetze verstoßen, meinten die Richter und gaben damit den Hinweis, dass er aber vielleicht gegen Gesetze des Staates New York gehandelt habe. Für den Staatsanwalt war es nun eine Selbstverständlichkeit, dass er nun den Exilrussen erneut verklagte und ihm anbot, dass man gegen das eine Jahr Haft, das er hatte verbüßen müssen, sich einigen könne. Seinen Job bei Teza Technologies LLC war Sergey Aleyniko inzwischen los, seine Ehe offenbar zerrüttet, sein Ruf dahin. Dabei hatte er von den 32 Megabyte Code nur jene Teile verwenden wollen, die Open Source waren, hatte er erklärt.Nein, er sei nicht schuldig. Er wollte sich auf diesen Deal nicht einlassen. Nun wird es zu einem Prozess kommen, über dessen Sinn und Zweck sich die Kommentatoren im Wall Street Journal trefflich streiten.
Ins Gerede kommt natürlich dabei vor allem Goldman Sachs. Die Investmentbank selbst tritt nicht als Kläger auf. Aber in den Kommentaren wird sofort ihre keineswegs rühmliche Rolle in der Finanzkrise hervorgekehrt - und der Vorwurf, dass die Bank auch nichts anderes sei als ein Dieb, der sich des Geldes seiner Kunden bemächtigte, schwingt mit. Und als großer Steuerzahler und potentieller Sponsor von Wahlen in New York sei deren Wunsch schon Befehl für den Staatsanwalt, heißt es ziemlich unverblümt. Aber auch der Exilrusse kommt keineswegs gut davon. Wer Open Source Code braucht, lädt diesen nicht bei seinem Arbeitgeber herunter, sondern im Internet. Und 32 Megabyte Code sind ja nun auch nicht gerade ein Pappenstiel. Dem steht dann ein Kommentar gegenüber, der Goldman Sachs als Auftraggeber und Arbeitgeber für Softwareleute nicht gerade im besten Licht dastehen lässt. Außerdem würden Programmierer immer Softwarecode, den sie erstellt haben, unter persönlicher Verfügungsgewalt halten, damit sie bei Bewerbungen zeigen können, was sie draufhaben. Und potentielle Arbeitgeber hätten gar kein Problem damit, diesen Code zu evaluieren.
Journalyse-Quelle: Wall Street Journal, 27.9.2012: Programmer's Case Is Matter of (Legal) Code
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