1966: »Da der einzelne in unserer Zivilisation
größeres Ansehen genießt als die Organisation, schreibt man ihm regelmäßig die Leistungen zu, die eigentlich von der Organisation erbracht werden.«
John Kenneth Galbraith (1908-2006), nordamerikanischer
Ökonom und Präsidentenberater,
in seinem Buch „Die moderne Industriegesellschaft“
in seinem Buch „Die moderne Industriegesellschaft“
Wer regiert die Welt?
von Raimund Vollmer (2017)
Vor einem Vierteljahrhundert stand ein Buch monatelang
ganz oben auf der Bestsellerliste: „Nieten in Nadelstreifen - Deutschlands
Manager im Zwielicht“. Es war eine grandios inszenierte Polemik, ein Who-Is-Who
des Versagens, eine Analyse, die nur deshalb auf ein breites Publikum stieß,
weil der reichlich umstrittene Autor Günter Ogger mit dem Titel genau das
ausdrückte, was die Menschen in den Betrieben über ihre Führungskräfte dachten.
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Als die Meinungsforschung forsa im Auftrag des Deutschen
Beamtenbundes anderthalb Jahrzehnte später nachhakte, schien sich das Ansehen
der Manager um keinen Deut verbessert zu haben.
Ja, es kam sogar immer heftiger. Die Manager seien inzwischen eine
Belastung für den „Ruf der Wirtschaft“, klagten Personalberater 2012 in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Drei Jahre später war das Ansehen der Manager
noch weiter abgerutscht. Gegenüber 2007, der ersten Bürgerbefragung, hatten die
Manager elf Prozentpunkte verloren. Sie befanden sich auf den untersten Rängen
der Skala. Schlechter war nur noch das Image der Versicherungsvertreter,
Werbeleute, Telefonmitarbeiter, Gewerkschaftsfunktionäre und Politiker. Diese
Gruppen bildeten von Anfang an den Bodensatz in der Schmähliste. Allerdings gab
es jetzt eine Species, die gegenüber 2007 einiges an Boden gewonnen hatte: die
Politiker.
Ja, ausgerechnet die Politiker, über die zu schimpfen doch
eigentlich ein Volkssport geworden war. Viel Sympathie genießen sie indes nach
wie vor nicht. Manchmal machen sie es uns - wie bei den Präsidentschaftswahlen
2016 in den USA - aber auch sehr, sehr einfach, sie nicht zu mögen. Jüngste
Skandale wie die bei der Deutschen Bank, Siemens oder Volkswagen, die
jahrzehntelang unsere Vorzeigeunternehmen waren, heben nicht unbedingt das
Image der Top-Manager, die vor allem in der Kritik stehen.
Ganz besonders werden jene Unternehmen beobachtet, die
alljährlich mit großem Aufwand zu den sogenannten Fortune 500 gelistet werden.
Dahinter verbergen sich die 500 größten Unternehmen der Welt. 1995 setzten
diese Giganten insgesamt 11,3 Billionen Dollar um, zwanzig Jahre später hatten
sie ihre Umsätze mehr als verdoppelt: auf 27,6 Billionen Dollar. Es wäre
wahrscheinlich einer Verdreifachung nahegekommen, wenn nicht 2015 der starke
Dollar den Großen der Welt das Geschäft verdorben hätte. Begnügten sich die
Fortune 500 noch 1995 mit 332 Millarden Dollar Profit, so erwirtschafteten sie
2015 1,48 Billionen Dollar Gewinn - eine Vervierfachung. 35 Millionen Menschen
waren 1995 in den aufgelisteten Betrieben beschäftigt, 2015 waren es 67
Millionen Beschäftigte. Sie sind die Mächtigsten der Mächtigen. Sie produzieren
Wohlstand in der ganzen Welt. Sie stehen für Wachstum und Wandel. An ihrer
Spitze stehen die Besten der Besten. Und dennoch. Ihr Image wankt.
Inzwischen kommt man nicht umhin, dieser Elite selbst die
Schuld zu geben an dem schlechten Ruf, den sie nun seit mehr als zwei
Jahrzehnten aushalten muss. Nach dem Crash der New Economy zu Beginn des
Jahrhunderts war es dann 2008/2009 die Subprime-Krise, die unseren Glauben an
die Machbarkeit der Märkte und der Seriosität der Macher erschütterte.
Insiderhandel, Superboni, Tricksereien und Betrügereien sorgten dafür, dass wir
mitunter nur noch voller Verachtung über diese Menschen sprachen. Mit dem Imageverlust
verschwand auch weltweit der Glaube an die Marktwirtschaft. Zwischen 2002 und
2012 stürzte selbst in den USA die Zustimmung von 80 auf 60 Prozent ab. So eine
Umfrage der Denkfabrik GlobeScan. „Das
Vertrauen in den Kapitalismus ist gesunken“, meinte 2012 die Londoner Financial
Times. Das Blatt, das nun wirklich nicht im Verdacht steht, die linke Seite
argumentativ bedienen zu wollen, sah, dass die Mittelklasse litt und „die Kluft
zwischen dem ein Prozent“, also den Reichen, und den restlichen 99 Prozent „ein
Fragezeichen hinter die Legitimität der marktwirtschaftlichen Systems“ setze.[1] Die Politiker, vor allem
der Linken, hätten gehofft, von diesem Vertrauensverlust zu profitieren. Das
würde sich mehr und mehr als falsch erweisen. Geholfen hat‘s dem rechten Rand.
Gegen den Verlust der Glaubwürdigkeit ist auch kein PR-Kraut
gewachsen, wie nun die professionellen Strippenzieher und Spin-Doktoren sehr
bald merken mussten. Schlimmer noch: die Menschen spürten, dass die Aura vieler
Manager der Oberklasse zu sehr „gemacht“ und zu wenig erworben war. Vor allem
das sogenannte „Storytelling“ fiel in sich zusammen, als zum Beispiel ein
Automobilfürst, der sich sogar für die winzigsten Ingenieurdetails eines neuen
Modells interessierte, der Welt versuchte zu erklären, dass er von dem Einsatz
irgendwelcher Schummelsoftware nichts gewusst hätte. Vielleicht haben die
Spitzenleute die Ausgestaltung ihres Ansehens zu sehr den PR-Agenten
überlassen, um noch glaubwürdig und authentisch zu erscheinen. Vielleicht basiert
dieses Storytelling auf einem völlig ausgelutschten Thema: auf
Unternehmensaufkäufen im mehr oder
minder großem Stil. 9000 Milliarden Dollar hatten die Firmen allein in den
1990er Jahren für Mergers & Acquistions ausgegeben. Aber nicht immer
bringen die Käufe das, was sie den Aktionären versprochen hatten.
1 Kommentar:
Welche Frage: Geld regiert die Welt!!!!!
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