Von Raimund Vollmer (1997)
Niemand wird
bestreiten, dass durch SAP & Co.
aus der Sicht des Controllings die
Globalisierung der Unternehmen einfacher geworden ist. Niemand wird anzweifeln,
dass die Firmen dadurch an Wettbewerbsstärke gewonnen haben. Sie haben deutlich
abgespeckt, was sich nicht zuletzt im Anstieg der Börsenkurse widerspiegelt.
Was die Börse nicht zeigt, ist, dass die Unternehmen dafür noch einen Preis zu
zahlen haben: das Urvertrauen zwischen den Mitarbeitern und dem Unternehmen
ist in vielen Betrieben zerstört. Die Macht des Mittelmanagements, die
wichtigste Schutzmacht der Mitarbeiter, wurde gekippt.
In den Unternehmen
steht jeder im Wettbewerb mit jedem. Das Klima ist rauher geworden. Der
Umgangston ist grob. Überall herrscht die Diktatur der Fakten ‑ so wie sie das Controlling sieht und ermittelt. Es hält zwar die
Zahlen weltweit zusammen, aber nicht die Menschen. In vielen Betrieben ist
Software der stärkste Schutzfaktor der Unternehmen geworden ‑ vor den eigenen
Mitarbeitern. Deshalb rückt nun das Wissensmanagement in den Vordergrund.
Zwischen 1996 und 1998 wollen die Firmen hier ihre Investitionen nahezu
verzehnfachen ‑ auf vier Milliarden Dollar.
Die Unternehmen spüren, dass die
Zeit, in der sich an der Geschäftsbasis nur wenig änderte, vorbei ist. Hinter
dem Trend zu Dienstleistungen steht ein außengesteuertes Geschäft. Doch die
Zahlen, die das Controlling
produziert, sagen darüber nichts ‑ oder wenn das Falsche: Service sei wenig produktiv
und lebt von niedrigen Margen. Giganten wie IBM sind jahrzehntelang genau
diesen falschen Zahlen gefolgt. Stattdessen pflegten sie die Produktbasis ‑ mit
der Folge, daß sie in gewaltige Strukturkrisen stürzten. Controlling ist stark
im Optimieren des Bestehenden, aber schwach im Erkunden des Neuen. Immer
häufiger ist deshalb in den USA die Rede davon, daß neue Projekte ohne
Einschaltung des IS‑Bereichs aufgesetzt werden ‑ weil dieser zumeist dem
Finanzvorstand untersteht und somit alles aus dem Blickwinkel des Controllings betrachtet. Denn es geht
nicht mehr ums Optimieren, sondern ums Innovieren.
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