Donnerstag, 16. Oktober 2008

Kam der Crash doch aus dem Computer?

Warum es zur Ein-Prozent-Panik kam
»Das Unvermeidliche geschieht niemals. Es ist stets das Unerwartete.«
John Maynard Keynes, Wirtschaftswissenschaftler
Ganz klar, der Crash von 1987 kam aus dem Computer. Die eingebaute Versicherung, mit der Spekulanten damals ihren computergesteuerten Programm-Handel betrieben, funktionierte nicht. Und als die Verkaufsorder auf Rechner der New Yorker Börse einströmten, brachen die Systeme unter der Last zusammen. „Niemand stellt sich einer Lokomotive entgegen“, meinte damals ein Börsianer. Die Kurse purzelten in die Tiefe.
Diesmal, jedenfalls gibt es dazu keinen Hinweis, versagten die Börsencomputer nicht. Sie schluckten alle Order, alle Kurse, jede Transaktion. Trotzdem – so könnte man Gordon Crowitz, Columnist des Wall Street Journals interpretieren – kam der Krach des Herbstes 2008 auch aus dem Computer. Erneut war es eine „Insurance“, eine Versicherung, die nicht funktionierte: die Credit Default Swaps, deren Wert Mitte 2007 noch das Weltwirtschaftsvolumen um zehn Billionen Dollar übertraf. Inzwischen ist genau diese Summe verschwunden. Das ganze „Financial Engineering“, das dahinter und anderen Derivaten steckt, kollabierte. Es sind alles Produkte, die im Computer gefunden und in den Netzen gehandelt werden. Alles virtuell und intellektuell.
Crovitz geht noch weiter, wenn er meint, dass vor allem die Modelle versagt haben, die die Ausfallwahrscheinlichkeit, also den „value at risk“, beziffern. Mit „ein Prozent“ war das Risiko zu niedrig, um irgendeinem Banker schlaflose Nächte zu berechnen. Was die Modelle nicht einbezogen, war das staatliche Handeln und - man möchte sagen - anderes irrationales Handeln. Mit dem Ziel, die Amerikaner mit kostengünstigen Hypotheken zu versorgen, waren Freddie Mac und Fannie Mae gegründet worden – als eine Art Subventionsgeschäft, das sich ohne staatliche Unterstützung nicht rechnete. Dies verzerrte das Risiko, weil er die Banker dazu verleitete, schlechte mit sauberen Risiken zu undurchsichtigen Wertpapieren zu bündeln und weltweit zu verteilen. Über die Netze mit Hilfe der Computer. Und plötzlich wurde die Rechnung präsentiert. Über die Netze, weltweit. Die „Ein-Prozent-Panik“ nennt Crovitz das, was sich danach an den Märkten abspielte.
Es zeigt aber auch den Nachteil, den alle Profis haben. Fixiert darauf. das System, von dem sie leben und dem sie dienen, zu schützen, können sie sich eine Welt danach gar nicht vorstellen nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Es ist wie in einem griechischen Drama: Je mehr der Held versucht, sein Schicksal abzuwenden, desto unaufhaltsamer kommt es auf ihn zu. Keynes hat recht, wenn wir ihn hier (siehe oben) zitieren.
Profis sind nun mal die größten Phantasten: Sie glauben immer, dass alles so bleibt, wie es ist. Unvermeidlich. Aber was geschieht, ist das Unerwartete, also die „Ein-Prozent-Panik“.

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