Donnerstag, 1. September 2022

Wer es wagt, der nicht gewinnt - Über unsere Unfähigkeit, mit der Zukunft umzugehen

Der alte Schwabe Hegel wusste es lang vor uns. Wir sind unfähig, über unsere eigene Epoche hinauszudenken. Und wenn man es dennoch versucht, wird man ausgelacht, verhöhnt, verschmäht. Aber dann, wenn eine neue Epoche tatsächlich eintritt, haben es alle schon lange vorher gewusst.

So sind wir, die Deutschen auf jeden Fall, nun einmal gebaut. Wir wissen nachher immer alles besser. Übrigens, unsere Unfähigkeit, über uns selbst hinauszudenken, können Sie täglich in Politsendungen beobachten.

Da war dieser Tage der Herr Plasberg, der so gerne hart und fair ist, mit seiner Politsendung „Die Jahrhundert-Dürre: Erleben wir gerade unsere Zukunft?“ Ich habe sie mir über die Mediathek der ARD angesehen und war – wie wahrscheinlich jeder, der es sah – von der Eloquenz der Klimaaktivistin Carla Reemtsma beeindruckt. Es wurden - vor allem von ihr - permanent Studien genannt, ohne deren Autoren – mir ist es jedenfalls nicht aufgefallen - zu nennen oder sie gar zu zitieren, die alles, was sie zu Klimawandel und dessen Meisterung zu sagen haben, wohl bestätigen. So konnte sie, der man ein intensives, höchst professionelles Medientraining in allem, was sie von sich gab und wie sie sich verhielt, zwar durchaus anmerkte, stets im Muster ihrer selbst bleiben. Sie blieb sich selber treu. Sehr diszipliniert. Da konnten die anderen nur von ihr lernen – inklusive des Herrn Moderators von Wetter, Sven Plöger, oder der harten Fainess, Frank Plasberg. 

Nur – die Frage, ob das Wetter von heute das Klima von morgen ist, und wir somit unsere dürre Zukunft jetzt bereits haben, wurde eigentlich nicht beantwortet. Denn noch ist es ja nicht zu spät oder allzu spät. Nehmen wir einmal an: Wir schaffen die Klimaziele in absehbarer Zeit, wie sieht dann diese Welt aus? So wie heute? Kaum. So wie gestern? Dann hätte Putin gewonnen, dessen Kriegspolitik und imperialistisches Denken keiner ernsthaft nachvollziehen kann.

Vielleicht irre ich mich ja, aber in den bundesdeutschen Medien habe ich bislang nichts wahrgenommen, geschweige denn von einer Studie erfahren, die sich mit einer Welt beschäftigt jenseits eines gemeisterten Klimawandels? Der frühere Bundespräsident Walter Scheel hat 1979 sinngemäß gesagt, dass wir nur noch in der Gegenwart leben. So ist es. Zehn Jahre später wurden wir durch den Fall der Mauer vollkommen überrascht. Unser Realitätssinn, dessen Fehlen wir unseren Diskussionsgegnern so gerne vorwerfen, ist das Totschlagargument gegen alle dynamisch formulierte Zukunft. So haben wir in den vergangenen 30 Jahren eine Zukunft nach der anderen verpasst.

Nehmen wir die Globalisierung – diesem Thema, bei dem unsere Manager ihre ganze Dynamik unter Beweis stellen konnten und wir heute sehen, dass dahinter nur eine einzige Effizienzgier stand. Jetzt stehen sie vor ihren zerstörten Lieferketten und bekommen Humpty-Dumpty nicht mehr zusammen. Sie hatten – wie das unsere Bundeskanzlerin so schön formulierte – „alternativlos“ gehandelt. Der Spruch „Wandel durch Handel“ erweist sich jetzt als ein Freibrief dafür, selbst mit den schlimmsten Diktaturen ins Geschäft kommen zu können.

In Wirklichkeit hat das Thema Globalisierung, das von uns Journalisten in alle Richtungen zelebriert wurde, niemals eine neue Epoche eingeleitet, sondern die, die vor 250 Jahren mit der Bibel des Kapitalismus, mit dem Buch „Wealth of Nations“ von Adam Smith angestoßen wurde, prolongiert.

Eigentlich möchte man diese Epoche, die so deutlich zeigt, dass sie sich im Endstadium befindet, irgendwie in die Verlängerung schicken – eben auch durch die gewaltige Konzentration auf die Meisterung des Klimawandels. Wir klammern uns geradezu daran.

Dabei müssen wir dringend anfangen über ein Thema zu reden, das ebenso wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger ist, über Arbeit – und deren Wert in einer Zeit jenseits des Klimawandels. Das ist nämlich die eigentliche Zukunft jener jungen Menschen, zu der ich hier Frau Reemtsma rechne, vor allem aber meine eigenen Kinder und Enkel.

Aber das ist ein Thema, über das das Management nicht gerne redet, die Politik ebenso gerne schweigt, auch die Gewerkschaften hinwegsehen wollen und wir, die stets von Arbeit lebten und nichtvon Verfügungsgewalt, keine Idee haben.

Wir können halt doch nicht über unsere eigene Epoche hinausdenken – und wer es wagt, der nicht gewinnt.

Raimund Vollmer

Sonntag, 5. Juni 2022

Die Zukunft war schon längst da...

Wahrscheinlich klingt das, was ich jetzt schreibe, wie Angeberei. Aber das nehme ich in Kauf. Denn mir geht es darum, an einem persönlich erlebten Beispiel aufzuzeigen, warum wir Deutschen seit der Gründung von SAP vor 50 Jahren so wenig zu sagen haben in der digitalen Welt.

Vor 23 Jahren wurde ich von der Nürnberger DATEV beauftragt, ein Konzept für einen Internet-Auftritt zu entwickeln. Ich fühlte mich sehr geehrt und angespornt, dieser von mir hochgeschätzten Genossenschaft für den steuer- und rechtsberatenden Beruf etwas Gutes zu präsentieren. In Zusammenarbeit mit dem PR-Chef Peter Willig entwickelten wir die Idee der DATEV-Stadt, die – auf der Basis von 56-K-Modems (!!!) – genau das liefern sollte, was nun der Vorstandsvorsitzende Dr. Robert Mayr in der aktuellen Ausgabe des DATEV-Magazin (03/2022) nicht nur als realisiert, sondern als Zukunftsmusik bezeichnete. Auf der Basis eines im Vergleich zu damals blitzschnellen Internets.

Unsere DATEV-Stadt, ein Metaverse der selben Ideen, die nun Mayr vorstellte, wurde zwar realisiert, aber dann eingestampft – es fehlte dem Management schlichtweg an Phantasie. Es war nicht die Technologie, die uns behinderte, es war das Management.

Und wenn man nun den Ausführungen des aktuellen Vorstandsvorsitzenden Dr. Robert Mayr folgt (ein guter „Doktor“ benutzt – wie er – nicht inflationär seinen Doktor-Titel), dann fehlt es dem Management immer noch an Phantasie. Man kauft sie in den USA ein - dann, wenn sie längst von amerikanischen Unternehmern besetzt sind. 

Vielleicht sollte ich Doktor Mayr das Konzept von damals mal zusenden. Übrigens: die Idee des DATEV-Magazins haben Peter Willig und ich auch damals entwickelt – in der Vorstellung, die Zukunftsströme zu präsentieren. Es wurde ein sehr biederes Blatt.

Damit das klar ist: Ich will hier nicht klagen, sondern nur ein Beispiel dafür liefern, wie unser Management die Zukunft verpennt und dann ihr hilfeschreiend hinterherrennt. Die Ideen sind längst alle da. Was fehlt, ist der Mut. 

Raimund Vollmer

 

Freitag, 6. Mai 2022

JETZT REICHT'S

 Eine unzeitgemäße Betrachtung von Raimund Vollmer

ERSTER AKT

1990: „Wir gehen jetzt einer Zeit entgegen, in der der Frieden gefährlicher wird als der Krieg.“
Friedrich Dürrenmatt (1921-1991), Schweizer Schriftsteller und Dramatiker
 
 
Ich bin nur ein ganz kleiner Staatsbürger, längst verschwunden im Rentnerdasein, im Nichts des Nichtstun und des Nichtsnutz. So bin ich natürlich voll darauf angewiesen zu hören und zu denken, was die, die denken, dass sie klug und weise denken, so denken. Und deshalb studiere ich demütig Emmas Brief an unseren Bundeskanzler, der vor allem ihr Bundeskanzler wird, wenn er denn so denkt wie sie und nicht wie die anderen, die Frieden schaffen mit schweren Waffen. So jedenfalls lautet die Absicht. Ihnen reicht's.
Doch Emmas Freunde halten dagegen: Zwei Grenzlinien seien JETZT erreicht, schreiben die 28 Unterzeichner des Briefes, der mit größter Inbrunst verfasst wurde – voller edlen, vornehmen Gemüts, dass es einem, der sich bis zum 29. April 2022 traute, es anders zu sehen, ganz mulmig wird.
Da sei „erstens das kategorische Verbot, ein manifestes Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt in Kauf zu nehmen.“ Das klingt sehr intellektuell, das ist es wohl auch. Sehr vernünftig und getragen. Auch das Zweitens, das „Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der ukrainischen Zivilbevölkerung“, dem ein Ende gesetzt werden müsse, markiert eindeutig eine Grenzlinie, die uns einzäunen soll. Was will man dagegen sagen!
Ja, es reicht. Es ist schon viel zu viel Leid geschehen. Auf beiden Seiten, hallt es aus dem Emma-Tal: „Selbst der berechtigte Widerstand gegen einen Aggressor steht dazu irgendwann in einem unerträglichen Missverhältnis“. Das ist schön gesagt, all der Schriftsteller und Feindenker würdig, die ihn unterschrieben haben. Edelmütig warnend. Irgendwann – so lese ich in meiner Schlichtheit heraus – wird sich ansonsten die Ukraine so sehr gewehrt haben, dass sie in die Rolle des Aggressors zu fallen droht. Dann gilt fortan: Böser Selenskyj, armer Putin!
Aber wahrscheinlich habe ich das alles falsch verstanden. Ich sollte das Denken den 28 Aufrechten überlassen! Sie denken klüger.
Wir leben unter dem Diktat einer Bombe, deren paradoxe Funktion darin besteht, dass sie nicht gezündet wird. In dem Augenblick, in dem dieses Tabu gebrochen wird, ist alles vorbei. Wer immer den Finger am Trigger hat, zerstört sich unweigerlich selbst.
So dachte ich bisher.
Als ich noch lange kein Rentner war und der Kalte Krieg die Welt für immer und ewig in das Reich des Bösen und in das des Ronald Reagan teilte, da wagte ich mich an eine These heran, die so böse klang, dass sie fast schon wieder gut war: „Die einzige Chance, die Atombombe abzuschaffen, besteht darin, sie zu zünden.“ So formulierte und fabulierte ich vor mich hin. Natürlich nur in der Duschzelle. Vierzig Jahre ist das her – und ich war felsenfest davon überzeugt, dass niemand die Atombombe abschaffen würde. Zum Glück. Für uns alle. Emma hatte Recht.
Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.
***
ZWEITER AKT
1990: „Mitunter habe ich den Eindruck, die Welt spielt ein noch verrückteres Theater.“
Friedrich Dürrenmatt (1921-1990), Schweizer Schriftsteller und Dramatiker, über seine eigenen Stücke
 
Vor 60 Jahren, am 21. Februar 1962, wurde in Zürich das Stück „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt uraufgeführt. Prominent besetzt. Es spielt in einer Irrenanstalt, in der nur eine Person wirklich verrückt ist: die behandelnde Ärztin (Therese Giehse). Zwei der drei Insassen, der eine nennt sich Einstein (gespielt von Theo Lingen), der andere Isaac Newton (Gustav Knuth), tun nur so, als seien sie diese Physiker, deren Namen sie tragen. Sie sind in Wirklichkeit Geheimagenten und wollen an das Geheimnis des dritten Physikers namens Möbius (Hans-Christian Blech) heran: er allein besitzt – ebenfalls bei vollem Verstand – die Formel, nach der sich die ganze Welt vernichten lässt. Die drei Physiker sind sich am Ende einig, dass nicht die Welt vernichtet werden sollte, sondern das Wissen darum – doch die Ärztin hat die Formel längst kopiert…
Das Stück spielt in einem einzigen Raum – so, als sei es die Ukraine. Und wenn man nun meint, dass alle, die in diesem Raum sind, hier bleiben wollen, dann dehnt er sich zu einer Welt unter dem Schutz der Atombombe, die zwar der komplette Irrsinn ist, aber unter der wir es uns fast schon gemütlich gemacht haben.
Gemordet wird sowieso.
Bei Dürrenmatt sind es Einstein und Newton, in der Ukraine Putin und Selenskyj, der eine Geheimagent, der andere Schauspieler. Verrückter geht’s kaum. In seiner Ausbildung zu dem, was er war, ein KGB-Offizier, wurde Putin einem strengsten psychologischen Training unterzogen. Ja, er lernte, wie man inmitten eines Irrenhauses seinen Verstand behält.
Würde er mit den Mächtigsten der Welt in einem Raum eingesperrt sein, dann - so ein Szenario - würde sich Putin absolut still verhalten, um jeden der Anwesenden genau zu studieren. Andererseits könne er auch, um sich vor den Gedanken der anderen zu schützen, stundenlang damit beschäftigen, seine Schuhe zu putzen, um sich auf keinen Fall von irgendjemandem beeinflussen zu lassen.
Zweiundzwanzig Jahre später wissen wir, dass er beides getan hat: Er hat alle um sich genau studiert und zugleich stur seine Schuhe geputzt.
Er hat erkannt, was die Welt ist: ein Irrenhaus. Es ist ein Tollhaus, das unter dem Schutz der Atombombe steht. Ungestraft können wir hier unsere Verrücktheiten, unsere Kriege und Terrorakte begehen. Die Bombe alle, schützt auch ihn. Denn es steht in seiner Macht, die Bombe NICHT zu nutzen, also das Gegenteil von dem zu tun, was Emmas Freunde befürchten.
Ist das nicht der pure Wahnsinn? Die Bombe ist der Schutz, unter dem er seine ganzen Greueltaten entfachen kann. Vor diesem Hintergrund wirkt der Emma-Appell wie ein Freibrief. Verhandeln ist für Putin wie Schuhe putzen.
„Nur im Irrenhaus sind wir noch frei“, behauptet Möbius. Er ist jener Physiker, der die Weltformel zur totalen Zerstörung der Erde gefunden hat. Aber er hat sie vorsorglich vernichtet. Er sagt: „Nur im Irrenhaus dürfen wir noch denken. In der Freiheit sind unsere Gedanken Sprengstoff.“
Der Emma-Brief ist diese Art von Sprengstoff nicht, keine Befreiung. Im Gegenteil: seine Absicht ist es, das Irrenhaus zu schützen. Geht das gut? „Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat, wird Dürrenmatt im Nachrichtenmagazin ‚Der Spiegel‘ zitiert. Das war am 28. Februar 1962.
Sechzig Jahre treibt die Geschichte genau auf diese Wendung zu. Und sie wird uns überraschen. Dürrenmatt hat es vorausgesehen: „Tritt die atomare Selbstvernichtung nicht ein, gerät die Menschheit in eine noch nie geahnte geopolitische Zwangslage, Eingriffe in die Wirtschaft und in die Persönlichkeitsrechte werden notwendig, politische Umwälzung.“ Das wäre die schlimmstmögliche Wendung.
Es wäre der Verlust unserer Würde, es wäre der Verlust von allem, was wir in den letzten 250 Jahren mühsam errungen haben.
Solche Appelle wie dieser Emma-Brief sind nichts anderes als der Aufruf dazu, den Schlüssel wegzuwerfen, der uns aus dem Irrenhaus befreien könnte. Dann - allerdings - haben wir tatsächlich den Verstand verloren.
Wir müssen handeln, nicht verhandeln. So hart das ist. Wir haben schon zu lange gewartet. Übrigens ein Argument, das auch Putin für sich reklamiert.

Dienstag, 22. Februar 2022

Am Beispiel China: Moralismus statt Journalismus

Von Raimund Vollmer

 

ARTE: Cybermacht China

Sie schauen immer wieder voller Besorgnis auf ihren Bildschirm, sie sind ja so kritisch - auch bei ihrer Pressereise mit Huawei. Sie sind unbestechlich, so investigativ, dass man als Zuschauer versucht ist, sich selbst des Fremdschämens zu schämen. Ja, stimmen wir zu, den chinesischen Netzausrüster Huawei muss man kritisch sehen, sehr kritisch. Das hatte ja schon unser aller Lieblingspräsident Barak Obama gemacht - in aller Öffentlichkeit hat er Chinas Rolle an den Cybermärkten angemahnt, vor allem bei der Spionage, zu der - so der Vorwurf - Huawei von der Partei "gebeten" wird. Aber richtig ernst machte 2019 erst der von uns besonders gehasste Donald Trump. Und weil er so verpönt ist, wurden zwar im Film immer wieder Sequenzen mit unserem Obama gezeigt, aber keine einzige mit dem von uns weitaus weniger geschätztem Trump. Da wurde sogar stillschweigend so getan, als sei das Trumpsche Justizministerium nichts anderes als eine Obama-Fortsetzung. Das hat mich aber nun wirklich geärgert.In diesen von hochmoralischen Qualitäten gekennzeichneten Zeiten möchte ich vorbeugend erklären, dass mir Trump immer suspekt war, ich hatte sogar ihm in meinem Archiv einen Extraordner gewidmet - zu Zeiten, als nicht einmal er wusste, dass er Präsident werden wollte, so dass ich darum bitten möchte, mich hier nicht als Trump-Fan zu identifizieren. Aber ich wäre als Journalist niemals auf den Gedanken gekommen, Trump in diesem Beitrag einfach zu ignorieren. Kann ja sein, dass ich mich irre. Ich habe deshalb den Film mir bis zur Hälfte noch einmal angeschaut. Nein, da war wirklich nix von Trump, obwohl meine Aufmerksamkeit beim zweiten Mal Gucken nachließ. Danach hatte ich keine Lust mehr, diesen Film weiterzuschauen. Es ist ein verdammt gutes Thema, das die beiden Journalisten da verarbeiten, aber der Wunsch, den Zuschauern zu zeigen, wie toll, ernst und unerschrocken sie selbst sind, ging mir beim zweiten Anschauen so auf den Keks, dass ich mich verabschiedet habe. Vielleicht hat ja jemand Lust, meine Vorurteile zu überprüfen. Hier ist der Link:

https://www.arte.tv/de/videos/092189-000-A/chinas-neue-cybermacht/

Montag, 7. Februar 2022

Die Vernunft der Angst: Das Virus im Kopf

Anlass: Die Genfer Konvention gegen Biowaffen wird jetzt 50 Jahre alt. 

Eine unzeitgemäße Betrachtung von Raimund Vollmer


Im Jahr 2000 veröffentlichte die Tageszeitung "Die Welt" ein ganzseitiges Interview mit dem Wissenschaftler Ken Alibek, der - 1950 in Kasachstan geboren - zwischen 1975 und 1992 für die UdSSR/Russland Biowaffen erforschte und dann in die USA floh. Hier informierte er die Regierung über die russischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Biowaffen und half mit, Schutzmaßnahmen zu entwickeln. In diesem Interview vom 9. Mai 2000 sagt er: "Mehr als 70 verschiedene Krankheitserreger lassen sich heute in Biowaffen einsetzen. Natürlich wäre es eine Idee, Impfungen durchzuführen, aber es ist unmöglich alle Menschen gegen 70 Erreger zu impfen." Mich hat dieser Artikel, dem noch eine zweite Seite über Biowaffen gegenüber gestellt wurde, deshalb sehr berührt, weil er ein Kernproblem meines Berufsstandes betrifft. 

Wir berichten ausführlich über die Möglichkeiten von mehr oder minder geheimen Einsätzen von Biowaffen (wie Bakterien oder Viren), um uns dann zu empören, wenn daraus Verschwörungstheorien entstehen - wie das jetzt der Fall ist. 

Ein Jahr zuvor hatte Ken Alibek im Spiegel vom 17. April 1999 über das berichtet, "was Ende der achtziger Jahre in China passiert ist. Da sind, wie ich damals von Geheimdienstlern erfuhr, nach einem Unfall zwei Virusepidemien ausgebrochen." Wahrscheinlich sind solche und andere Geschichten längst vergessen, aber sie sind ins kollektive Unterbewusste eingegangen und haben jederzeit die Chance, wiedererweckt zu werden - als Verschwörungstheorie. 

Um solche Gedanken von vornherein zu diskreditieren werden sie neuerdings im Journalismus gerne als "Verschwörungsmythen" oder "Verschwörungsideologien" bezeichnet. Uns ist der Begriff der "Theorie" offensichtlich zu heilig. 

 1997 veröffentliche das Zeitmagazin (14.11.1997) einige dieser "Verschwörungstheorien" und kommentierte die Plausibilitä. Es ging dabei auch um das "Aids-Virus". Das Magazin schreibt mit ironischem Unterton: "Ganz klar: Das AIDS-Virus stammt aus einen Geheimlabor der CIA." Und über die Plausibilität: "Einem Geheimdienst ist alles zuzutrauen." Die Anhänger dieser Theorie seien "ein Teil der Kranken, zuletzt auch die 'Prawda'". So unbekümmert gingen wir damals mit "Theorien" um. Und heute grassiert die Angst davor, dass sich die Gedanken und Theorien, die längst praxiserprobt sind, verselbständigen. Sie werden tabuisiert, als könne man sie damit aus der Welt schaffen. Es klingt so, als dürfe ich über Theorien reden, aber nicht über Mythen oder Ideologien. 

Was herrscht ist die Vernunft der Angst. Ich gebe zu: Das macht mir Angst. 


Ich wollte diese Meinungsäußerung auf Facebook veröffentlichen, wurde mir aber untersagt. Damit erübrigt sich die Frage nach dem Ethos von uns Journalisten. 

KI hat übernommen.


Raimund Vollmer

 

Montag, 3. Januar 2022

START-UP INS NEUE JAHR - Eine kleine Reflexion

 Die Fachzeitschrift Datamation, ein ehedem mal richtig gutes, anspruchsvolles Fachblatt, berichtete anlässlich seines 25jährigen Bestehens von einm Harvard-Reprt aus dem Jahre 1952. Demnach hatten sieben Harvard-Studenten eine Arbeit verfasst, die sich mit dem Computer als "Gigantengehirn" beschäftigten. Das war fünf Jahre später der Grund, warum "General" George Doriot, Professort an der weltberühmten Universität, sich motiviert sah, sich mit 70.000 Dollar an einem Unternehmen zu beteiligen, das einer der Verfasser gegründet hatte. Es gilt als das erste, nach strukturiertem Vorgehen erteilte Risiko-Kapital. Es wurde also nicht an der Westküste, also im späteren Silicon Valley, erfunden, sondern an der konkurrierenden Ostküste. In Boston. Aus den 70.000 Dollar wurden übrigens 355 Millionen Börsenwert und mit 14 Milliarden Dollar Umsatz der zweitgrößte Computerhersteller der Welt, die Digital Equipment Corp. (DEC) mit 120.000 Beschäftigten. Gründer war Kenneth Olsen, der 2011 im Alter von 84 Jahren verstarb. 

Die jungen Leute kennen DEC nicht mehr. Sie sind auch der Meinung, dass man einen virtuellen Börsenwert von einer Milliarde Dollar braucht, um in der Welt etwas darstellen zu können - denn darum geht es ihnen vor allem: etwas darzustellen. Man fragt sich, wie der alte Tom Watson Junior, warum die Gründer so viel Geld  brauchen in einer Welt, deren gigantische intellektuelle Infrastruktur, das Internet, ihnen von Menschen wie Tim Berners-Lee (Erfinder des World Wide Webs, CERN), Douglas Engelbart (Erfinder Maus, GUI und Mitschöpfer des Internets, MIT) und vielen anderen (wie Vincent Cerf) geschenkt wurde. Vor 50 Jahren fragte sich IBM-Chef Watson, wie es einer Firma mit nur 34 Mitarbeitern gelungen war, 1962 den schnellsten Computer der Welt zu bauen. Das war die CDC 6600. Deren Schöpfer war Seymour Cray, das Supercomputer-Genie schlechthin.

Ja, heute sollte man sich fragen, warum junge Leute eine Milliarde für irgendeine App brauchen, deren Innovationsanteil sehr, sehr klein ist? Neben dem Bedürfnis nach Selbstdarstellung möchte man meinen, dass man umso mehr Geld braucht, je kleiner der Fortschritt ist. Da haben wir wohl in diesem Jahrzehnt nicht mehr viel zu erwarten - vor allem, wenn man liest, dass unsere Ampel nun die Chipindustrie aufpäppeln möchte. Das Geld geht natürlich nicht an Newcomer, sondern an die Altvorderen, die schon zuvor mit milliardenschweren Subventionen nicht viel anfangen konnten. "More money makes software later", hat einmal einer, der es wirklich wusste, 1975, geschrieben. Sein Name: Frederick Brooks. Er leitete das mit Abstand größte Softwareprojekt seiner Zeit, die Entwicklung eines Betriebssystems, das die ganze Welt umkrempeln sollte. Es hieß OS/360 und gehörte der IBM. (Bill Gates hat es ihr später mit DOS und Windows gleichgetan).

Was hat IBM damit geamcht? Sie hat es "verschenkt" - an ihre Kunden, die damit für ihre Unternehmen "Giant-Brains", Gigantengehirne, schufen. Nun "verschenkt" wird ja heute auch sehr viel, belohnt wird es über Werbung. So das Geschäftsmodell. Ein narzisstischer Erfolg, sehr selbstbezüglich. Das ist der Unterschied. "Macht Eure Kunden glücklich, gebt ihnen Service, auch wenn ihr daran nichts verdient", das war die letzte Geschäftsempfehlung von Kenneth Olsen, bevor er vor 30 Jahren sein Unternehmen verließ. DEC hielt sich nicht daran, verschwand schließlich im Konzern Hewlett-Packard, der auch schon lange nicht mehr weiß, wofür er in seiner Zweispaltung steht. Und IBM will ja auch diesen Weg in die Totalverdummung gehen. 

Es wird Zeit, dass sich wieder ein paar junge Leute aufmachen, um etwas wirklich Neues zu kreieren. Und zwar für andere. Das war nämlich das eigentliche Geheimnis des Erfolges von DEC. Für 100.000 Dollar bekam man einen Computer, der so leistungsfähig war wie ein Mainframe im Wert von zwei Millionen Dollar. In dieser Preisdifferenz lag das eigentliche "Risikokapital". 

Ich wünsche Ihnen einen reellen Start-up ins Neue Jahr. Raimund Vollmer