Dienstag, 16. Februar 2016

50 Jahre DATEV: Standing Ovations für den Gründer...

Hier am Kornmarkt hatte alles vor 50 Jahren begonnen...
 ... die Festgäste - und in der ersten Reihe wird dem Gründer gerade gratuliert...
 Der Nachfolger, zweiter von rechts, Dieter Kempf, und dessen Nachfolger, Robert Mayr, zweiter von links
 Ein leerer Saal blieb gestern der Ort der Gründung. Das Innere des CVJM
Fotos: RV




Es war der wohl am stärksten bewegende Augenblick der Jubiläumsfeier, als schließlich, ganz am Ende der Begrüßungszeremonie in der Nürnberger Oper, Dieter Kempf, den Namen seines Vorgängers im Amt des Vorstandsvorsitzenden aufrief: Heinz Sebiger, der Mann, der am 14. Februar 1966 in Nürnberg, im Saal des CVJM, als Steuerberater gemeinsam mit Berufskollegen die DATEV gründete, eine Genossenschaft mit heute 40.000 Mitgliedern und rund 880 Millionen Euro Umsatz. Minutenlang applaudierten die Gäste stehend dem nun bald 93jährigen Gründer. Ergriffen von dieser mächtigen Demonstration des Dankes und des Respekts stockte Sebiger die Sprache. Er suchte nach der Fortsetzung seines Satzes, der nach dem Wort "Verbindung" einfach nicht zu Ende gebracht werden wollte. Es war so, als wolle dieses eine Wort alles sagen, was die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der DATEV ausmacht. In der Tat: Diese Genossenschaft ist eine einzigartige Verbindung von Individuen, vorn Einzelkämpfern, die in dem vergangenen fünf Jahrzehnten immer wieder über sich selbst hinauswuchsen, um sich dem technischen Fortschritt zu stellen, ein Netzwerk von Gleichgesinnten, deren gemeinsamen Interessen weit über die eigenen, die persönlichen hinausgingen und hoffentlich auch immer hinausgehen. Nicht unbedingt eine altruistische Verbindung, aber durchaus eine, die über die Grenzen ihrer eigenen Gemeinschaft hinausdenkt und handelt - das ist die DATEV. Mit ihren 7000 Mitarbeiter ist sie natürlich vor allem die Wohlstandsmaschine des steuerberatenden Berufs in Deutschland, auch wenn zu ihren Adressaten die anderen rechtsberatenden Berufe gehören.
Vielleicht gehört es zum kollektiven Unbewusstsein dieser Verbindung, dass sie in ihren ganzen Reflexen und ihrer alles überlagernden Ausstrahlung intern und extern immer nur aus dem Blickwinkel des Steuerberaters gesehen wird. Kein Wort während der Pressekonferenz über die Zunft der Rechtsanwälte, die ja nicht minder gleichberechtigtes Mitglied dieser Genossenschaft sind. Auch bei der Jubiläumsfeier fiel eher beiläufig und auch nur ein einziges Mal das Wort "Anwalt". An diesem Montag, 15. Februar 2016, also einem Tag nach dem eigentlichen Geburtstag, fiel die DATEV zurück auf ihr ursprüngliches und auch mit deutlichem Abstand erfolgreichstes Geschäftsmodell: Sie war die Service-Organisation des steuerberatenden Berufes.
Dass der bayerische Finanzminister und selbst Nürnberger, Markus Söder, in seinen Beiträgen nicht weiter dachte als an all die Themen, die Steuerberater und Finanzämter zusammenbringen, ist verständlich. Dass aber dann neben Nürnbergs Oberbürgermeister Maly nur Angehörige des steuerberatenden Berufs die Plätze auf dem Podium der Pressekonferenz und des Jubiläumsaktes besetzten, war schon bezeichnend. Themen wie das durchaus umstrittene Mandantendirektgeschäft, unter Sebiger ein absolutes Tabu, wurde auch nicht weiter gestresst. Durch alles, was an diesem Tag gesagt wurde, schimmerte das Bekenntnis zum ursprünglichen Geschäftsmodell, so wie es 1966 erdacht worden war. Ein halbes Jahrhundert hat es getragen - mehr noch, es führte dazu, dass sich die DATEV auch technologisch mit ihren Ursprüngen rückkoppelte. Was vor einem halben Jahrhundert als Service-Rechenzentrum begann, ist heute eine "Cloud", wie Kempf & Co. mehrfach ansprachen. Und diese "Cloud" wird auch das Erbe sein, das der bisherige Vorstandsvorsitzende nach 20 Jahren im Amt am 1. April an seinen Nachfolger, an den Steuerberater Robert Mayr, übrigens Jahrgang 1966, weitergeben wird.
Aber es wird dennoch eine andere DATEV sein als die, die der Gründer, Heinz Sebiger, 1996 an Kempf übergeben hat. Sebiger war ein Patriarch, Kempf war da im Führungsstil sehr viel jovialer. Und doch war sie in den ersten 30 Jahren ihrer Existenz weitaus mehr eine Familie als heute, auch wenn sie sich immer noch so versteht. Aber diese Erosion wird sich in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren, in denen Mayr an der Spitze stehen wird, fortsetzen.
Der Idealismus, mit dem sich Genossenschaft und Belegschaft gegenseitig inspirierten, wird kaum noch vermittelbar sein - zu saturiert ist der Berufsstand, zu krisenfest sind die Arbeitsplätze. Im Wort "gemeinsam", das die DATEV in ihre Werbebotschaft aufgenommen hat, steckt auch das Wort "einsam".
Wenn die DATEV je in eine Fundamentalkrise geraten sollte, wird sie ratlos sein - wie alle Institutionen, die in ihrem natürlichen Alterungsprozess nicht merken, wie sie zum Selbstzweck depravieren. 50 Jahre trug das Geschäftsmodell der DATEV über alle technologischen Veränderungen und Transformationen hinweg. Es ist sogar abzusehen, dass es in den kommenden Jahren die Umsatzgrenze von einer Milliarde Euro sprengen wird. Sie scheint mit ihrem hochgerühmten Campus, mit all den Neuerungen, die Kempf in den vergangenen 20 Jahren initiierte, ihre Erfolgsroute weiterverfolgen zu können. Und Mayr macht nicht den Eindruck, als wolle er davon abweichen. Dennoch wird sich irgendwann die Frage stellen, wie weit die DATEV einmal von ihrem ursprünglichen Geschäftsmodell wird abweichen müssen, um sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Sie werden nicht darin liegen, dass die Technologie sie überwältigen wird. Sie werden auch nicht darin liegen, dass sie die Geschäftsprozesse, die heute in den Kanzleien zu bewältigen sind, sich dem technologischen Zugriff entziehen - selbst dann nicht, wenn Verfahren, die heute eine halbe Stunde benötigen, Durchlaufzeiten im Mikrosekundenbereich haben werden. Die Herausforderungen werden darin bestehen, dass es die Umwelt nicht mehr gibt, für die man diese Geschäftsprozesse benötigte.
In den achtziger Jahren hatte der Gründer seine Mitglieder aufgefordert, sich mehr und mehr die betriebswirtschaftlichen Beratungsleistungen zu erschließen. Es war erstaunlich, dass gestern der designierte Vorstandsvorsitzende, Robert Mayr, genau dieses Thema wieder adressierte - mehr als 30 Jahre später. Es könnte sein, dass die Mitglieder das DATEV genau diesen Megatrend verpassen, weil sie zu verliebt sind in das, was sie bislang so erfolgreich tun. 30 Jahre sind jedenfalls vergangen, 30 Jahre, in denen Mandanten sagen, dass da nicht sehr viel passiert sei.
 Raimund Vollmer

2 Kommentare:

Besserwisser hat gesagt…

Die Datev macht die IT für Steuerberater. Erfolgreich.
Warum sollte sie das ändern und zu einer eierlegenden Wollmilchsau depravieren?

Die Anwälte nimmt man nur mit, weil sie am Wege liegen. Kein angenehmes Klientel!
Besser Finger weg...

Anonym hat gesagt…

Das Wort "gemein" kommt in verschiedenen Zusammenhängen vor,
das gemeine Volk (in der Bedeutung des einfachen Volkes) - Dieser Mensch ist gemein (in Sinne von er ist bösartig oder hinterhältig)