Kommentar. Eigentlich ist es ja ein ganz kluger Kopf, dieser Frank Rieger, Sprecher des Computer Chaos Club. Jedenfalls suggertiert uns dies die Suchmaschine Google mit der Auflistung einiger seiner Artikel (Siehe zum Beispiel HIER). Wer darin herumstöbert, denkt bestimmt: "Der Mann kann schreiben und ist ganz schön gebildet." Niemand wird sich darüber wundern, dass er der Schufa und dem HPI einen Rüffel erteilt ob deren inzwischen stornierter Absicht, Facebook als Recherchehintergrund für die Kreditwürdigkeit von Individuen zu missbrauchen.
Dazu ergreift Rieger in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung heute das Wort. Nachdem er den HPI-Chef Christoph Meinel nach allen Regeln der Zunft fertiggemacht hat, holt er zu einem seltsamen Rundumschlag aus. Zuerst wirft er Meinel & Co. vor, mit ihren Projekten einen institutionell verankerten Feldzug gegen das Individuum zu führen, um dann dies als "neoliberal" zu verurteilen. "Gut ist, was den Menschen besser erfassbar, evaluierbar und somit der wirtschaftlichen Effizienzlogik unterwerfbar macht. Schlecht ist alles, was dem Individuum mehr Macht über seine Daten verschafft und die Big-Data-Konzerne am ungestörten Expandieren hindert - man will schließlich die als Internetdienste und soziale Netze daherkommenden Werbeplattformen möglichst ungestört nutzen." Also, "neoliberal" ist das nicht. Das ist überhaupt nicht liberal. Dieser Ansatz ist schlichtweg dumm. Aber Rieger braucht diesen Ansatz, weil er ja der Meinung ist, dass sich die "Machtasymmetrie weiter zuungunsten von Verbrauchern und Bürgern" verschiebe. Das ist nicht Neoliberalismus, wie ihn schon ein Click in die Wikipedia gezeigt hätte. Zudem ist das Gegenteil der Fall. Das Individuum befindet sich auf der Siegesstraße
Erstens hat sich das HPI in Windeseile von diesem Projekt verabschiedet, weil es den asymmetrischen Druck aus der Bevölkerung fürchtet. (Ein Hasso Plattner lässt sich doch hier nicht ans Bein pinkeln).
Zweitens zeigt der Börsenniedergang von Facebook, dass deren User - die "Verbraucher und Bürger" (als gäbe es da einen Unterschied) - der Meinung sind, dass die Daten, mit denen Zuckerberg und die hinter ihm versammelten Institutionen selbstherrlich an die Börse gingen, ihnen allein gehören, den Usern und nicht den Institutionen. Wenn die Bürger anderer Meinung wären, hätten sie als Kleinanleger längst Facebook in horrende Höhen getrieben. Sie wissen, dass Facebook mit "Big Data" weitaus weniger machen kann, als es Zuckerberg und Co. den institutionellen Anlegern im Vorlauf des Börsengangs suggeriert haben.
Der Börsengang von Facebook zeigt: Big Data ist weitaus weniger mächtig, als die Apologeten dieser Disziplin glauben. Herr Rieger, vertrauen Sie doch ganz einfach Ihren eigenen Leuten, den Bürgern.
Journalyse-Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10.6.2012, Frank Rieger: "Kredit auf Daten"
Nachtrag: Das Abstimmungsergebnis bei Facebook über die Einführung neuer Regeln lässt den Gedanken zu, dass Rieger nun doch recht hat mit seiner Meinung von der "asysmmetrischen Machtverschiebung" zuungunsten der Bürger. Wenn statt 300 Millionen nur 300.000 User abstimmen (und zwar gegen die neuen Bestimmungen), der Rest aber schweigt, dann ist dies eher ein Zeichen dafür, dass diese Abstimmung nicht wirklich interessiert. Seit den siebziger Jahren wird die Macht von Big Data maßlos überschätzt. Schon der alte Parkinson sagte: Die Klatschbase im Dorf weiß mehr als jeder Computer".
Ob Facebook mit ihren neuen Regeln über die Nutzung der Daten glücklich wird, ist zudem sehr fraglich. Denn die eigentliche Abstimmung läuft ganz woanders: an der Börse. Je tiefer der Kurs geht, desto mehr wird dieses Unternehmen erkennen, dass es sich nicht für die werbende Industrie entscheiden sollte, sondern für die, die letzten Endes alles bezahlen, wirklich alles: die Bürger (manchmal auch abfällig "Verbraucher" genannt).
Journalyse-Quelle: Zeit online, 10.6.2012: Facebook setzt neue Regeln in Kraft (dpa-Meldung)
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