Mittwoch, 8. Mai 2024

Gedankenexperimente aus tausend und einer Seite (Teil 24) HEUTE: DIE BUNDESREPUBLIK (4)

 »Um relativ nur weniges zu erreichen, braucht die Geschichte ganz enorme Veranstaltungen und einen ganz unverhältnismäßigen Lärm.«

Jakob Burckhardt (1818-1897), Schweizer Historiker

 

Wenn die Gemeinschaft über die Gesellschaft siegt

Die Pandemokratie

Von Raimund Vollmer  

Anlässlich 75 Jahre Grundgesetz und Gründung der Bundesrepublik

 

Recherchiert man sich – mühsam und tief – durchs Netz, das sich übrigens wundersamerweise an der Oberfläche in seinen Suchergebnissen ganz allmählich staatlich zu vergoogeln und zu verbeugen scheint, verdüstert sich irgendwann das Bild, das wir Deutschen von unserer Demokratie haben. Beim Blick in die Zukunft waren wir z.B. 2019, als das Normal noch normal war, skeptischer denn je.[1] „Weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland ist damit zufrieden, wie die Demokratie in unserem Land funktioniert. Zwei Drittel glauben, dass es den nachfolgenden Generationen schlechter gehen wird. Das ist das besorgniserregende Ergebnis der vorliegenden Studie“, eröffnete damals die Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn ihre auf repräsentativen Werten basierende Analyse zum Thema „Vertrauen in Demokratie“.[2] So pflügt man sich durch die neunzigseitige Studie und gewinnt  den Eindruck, dass Resignation überwiegt. Von Aufbruch ist nicht viel zu spüren.

Mit dieser Haltung stürzten wir im März 2020 in die Pandemie. Da zeigten wir uns, zumindest anfangs, durchaus als diszipliniert, sehr vernunftbestimmt. Staat und Land waren eins. Und weil wir uns als solidarisch empfanden, pflichtbewusst und gehorsam, gewannen wir ein besseres Verhältnis zu unserer Demokratie – als ein Projekt der Mitte, das uns alle eint, dort – und zwar dort, wo die Vernunft zuhause ist. Ein guter Weg also. Die Gemeinschaft nahm uns gefangen – so sehr, dass wir irgendwann misstrauisch wurden – vor allem, weil der Staat sich übernommen hatte, inklusive der Staaten, die sich vor sieben Jahrzehnten zu einer – wie sie es nannten – Europäischen Gemeinschaft zusammengetan hatten.

Etwas ganz Seltsames geschah: Wir klammerten uns äußerlich an eine Demokratie, zu der wir innerlich auf Distanz gingen. Tief in uns ahnten wir: Unsere Demokratie ist nicht nur die Gemeinschaft aller Regeln und Vorschriften. Unsere Demokratie ist vor allem die Gesellschaft, sie ist das pralle, plurale Leben. Das waren doch unsere Erfahrungen – im Westen mehr (seit 1968) als im Osten (seit 1989). Doch für den Staat ist Demokratie Gemeinschaft, Gesetze, Verordnungen.

Für uns ist Demokratie Gesellschaft, Menschen, Meinungen. Bloß haben wir das vergessen. Vielleicht hat Jürgen Habermas (*1929), dieser alte weise Mann, recht, wenn er uns vor drei Jahrzehnten daran erinnerte, dass sich in der Bundesrepublik nur deshalb „im dritten Anlauf die Demokratie entfalten konnte, weil sie lange genug in das westliche Lager eingebunden und nicht souverän war.“[3] Nun sind wir seit mehr als dreißig Jahren souverän, und da ist dann dieser Zweifel: Gibt es diese Gesellschaft überhaupt noch – zumindest in unseren Herzen?

Werfen wir einen Blick in die Geschichte, wie es die alten, systemkritischen Sozialforscher sahen! Einer von ihnen ist Max Horkheimer (1895-1973). Ein Schwabe jüdischer Abstammung. Ein Marxist, der einem heute liberaler vorkommt als mancher Weltökonom und Soziologe. „Mehr Gerechtigkeit bedeutet weniger Freiheit“, war eine seiner Warnungen vor zu viel Gemeinschaft. Gemeinsam mit Theodor W. Adorno begründete er den legendären Ruf der Frankfurter Schule, die vor allem mit ihrer Kritischen Theorie bei der Generation der 68er sehr populär war. Das Aufkommen des Nationalstaats, der großen Gemeinschaft, war für Horkheimer verbunden mit der „Verneinung der spezifischen Sphäre, die wir Gesellschaft nennen“, dem Reich der Freiheit. Der Staat übernahm das Land.

Schon der große, preußische Bildungsreformer Wilhelm von Humboldt (1767-1835) meinte 1792 in seiner Schrift „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen“: „Gerade die aus der Vereinigung mehrerer entstehende Mannigfaltigkeit ist das höchste Gut, welches die Gesellschaft gibt, und diese Mannigfaltigkeit geht gewiss immer in dem Grade der Einmischung des Staates verloren.“ Gesellschaft bedeutet Streit, Differenzierung. Gemeinschaft aber, wofür der Staat steht, heißt zwar Wohlstand und Ruhe, aber auch Gleichförmigkeit statt „Mannigfaltigkeit und Tätigkeit“. Wer also den Staatseinfluss bevorzugt, den hat man „in Verdacht, dass er die Menschheit misskennt und aus Menschen Maschinen machen will“. So der große Humboldt. [4]

Bereits in der Renaissance setzte sich eine Philosophie durch, die „den Staat unmittelbar dem Einzelnen gegenüber“ positionierte. So hatte es die DDR in ihren 40 Jahren perfektioniert – und war gescheitert, übrigens mit gewaltigen Umweltschäden. Als Gemeinschaftsprodukt. Ja, wir erinnern uns an Bitterfeld.

Erst mit der Aufklärung wurde die Gesellschaft „als ein eigenes“ (Horkheimer) Wesen anerkannt. So wurde es schließlich in der Bundesrepublik gepflegt – und war damit unglaublich attraktiv geworden. Vor allem für die Menschen im Osten, vielleicht auch deshalb, weil die Gesellschaft Umweltthemen sehr heiß und leidenschaftlich diskutierte und handelte. Die Initiative dazu kam von den Grünen, aus der Mitte der Gesellschaft, nicht der Gemeinschaft. 

Die Gesellschaft ist demnach in einer Demokratie mehr als die Gemeinschaft. Sie ist unser ganz persönliches Leben. In ihr sind alle Kräfte versammelt, sie bildet das Ganze. Das ist die westdeutsche Erfahrung. Bis jetzt. Horkheimer wusste: Von diesem Ganzen hängt „der Zustand der Sprache, ja aller geistigen Bereiche ab, wie die Entfaltung der Organe, sie zu erfahren und weiterzubringen, es bewirkt die Steigerung der Technik und die höhere Lebenserwartung, die notwendige Produktion von Maschinen und Konsumgut, wie deren irrationalen Gewalt“. Für den Soziologen war die Gesellschaft „das übermenschliche soziale Wesen“, das vom Menschen erzeugt wird und auf jeden von uns wirkt.[5] Es existiert in diesem Wechselspiel. Friedrich von Hayek (1899-1992), der große Ökonom österreichischer Herkunft und urliberalen Denkens, hätte es eher als außermenschlich bezeichnet – als etwas, das außerhalb von uns ist und in dem wir zugleich ganz tief drin sind. Wie die Sprache. Eine Sphäre für sich, die – wie kann es sein – prompt die Politik geradezu herausfordert.

„Wenn man einst von der Kommerzialisierung aller Lebensvorgänge sprach, dann müsste man jetzt vor allem eine Politisierung aller Lebensvorgänge konstatieren“, bemerkte 1975 der Mitherausgeber der konservativen ‚FAZ‘ Jürgen Eick (1920-1990). Er meinte damit, dass die Politik uns inzwischen auf allen Gebieten zu manipulieren versuche: „Schon muss das Statistische Bundesamt betonen, es werde unter keinen Umständen seine Linie strikter Neutralität verlassen.“[6] Zuviel Politik erzeugt ganz einfach Misstrauen. So ist das in einer guten Gesellschaft. Wenn zu viele einer Meinung sind, wird sie unruhig. Denn dann droht sie selbst in Gemeinschaft umzuschlagen. Die Gesellschaft sorgt geradezu reflexartig für eine gesunde Gegenwehr – und die tut es an Orten, die der gesetzlich-rechtlich fundierten Obrigkeit zumeist nicht gefällt.

Heute haben wir – Neutralität hin, Neutralität her – Statistiken für alle Lebensvorgänge und für alle Argumente. „Man glaubt, mit Big Data und randomisierten, kontrollierten Studien große und kleine Fragen über Staatenbildung, ethnische Konflikte, Wirtschaftsentwicklungen oder eben öffentliche Gesundheit beantworten zu können“, meint der renommierte französische Arzt und Anthropologe Didier Fassin (*1955). Und weiter: „Wir brauchen sicherlich Statistiken, Zahlen und Graphen, und die Pandemie hat das Bewusstsein vieler für diese Vermessung der Welt erhöht. Doch wir sollten auch ihre Grenzen kennen“, die sichtbar werden, wenn „sie sich gegenseitig widersprechen“.[7] Genau das taten sie zu Beginn der Pandemie, als zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel im März 2020 davon sprach, dass 60 bis 70 Prozent der Menschen in unserem Land infiziert werden könnten. Der Staat ergriff entsprechende Maßnahmen. [8] In den USA und Großbritannien lieferten die Prognosen andere Zahlen – und die Politik handelte viel laxer.

Die Herrin all dieser Zahlen ist eine Bürokratie, die in Deutschland nach immer mehr Ministerien ruft und nach immer mehr Autorität strebt. Sie ist heute der Ersatz für eine Gesellschaft, die dabei ist, sich vollends aufzugeben, weil sie am Ende ihrer Wege ist. Plötzlich war Luca da und wachte über uns.  

Die Gesellschaft – das waren einmal wir, nicht der Staat, schon gar nicht der des absoluten Monarchen, des Franzosen Ludwig XIV (1643-1715), dessen „L’État, c‘est moi“, bis heute nachhallt. „Wir sind das Volk“, riefen die Ostdeutschen in ihrem Aufstand 1989. Das war Gesellschaft. „Wir sind ein Volk“, rissen sie die Mauer ein. Das war dann Gemeinschaft. Eine Wegmarke.

„In den neunziger Jahren avancierte plötzlich die Zivilgesellschaft zu jedermanns Mantra – vom Präsidenten bis hin zum Politikwissenschaftler“, schrieb an der Wende zum neuen Jahrtausend Thomas Carothers (*1956), Rechtswissenschaftler am Carnegie Endowment for International Peace in Washington.[9] Überall war deren Elysium, die Demokratie, im Vormarsch. Doch alsbald – mit dem Terrorakt vom 11. September 2001 – sollte sie ihre neu gewonnene Vitalität verlieren. Allerdings nicht das hatte Carothers im Blick, als er vor einem Wiedererstarken des Staates sprach, der die Zivilgesellschaft zurückdrängen würde, sondern das, was uns nun tatsächlich nach und nach verstummen lassen wird: die Klimakatastrophe. Sie hält uns wahrlich länger gefangen als die Lockdowns einer Pandemie.

„Die Gesellschaft ist eine Republik“, hatte 1837 der deutsche Schriftsteller Heinrich Heine (1797-1856) gegen alle Monarchien formuliert.[10] Das hörte sich doch gut an. Aber als angenehm hat Heine die Gesellschaft nicht unbedingt empfunden, eher als spießig – vielleicht deshalb, weil sie irgendwann sich selbst nicht aushält, irgendwann in einen Shitstorm umkippt, weder Gesellschaft ist noch Gemeinschaft. Wie jetzt. Heine: „Keiner soll tugendhafter sein als die übrigen. Wer aber durch die unbeugsame Gewalt des Genius hinausragt über das banale Gemeindemaß, diesen trifft der Ostrazismus der Gesellschaft, sie verfolgt ihn mit so gnadenloser Verspottung und Verleumdung, dass er sich endlich zurückziehen muss in die Einsamkeit seiner Gedanken.“ Armer Kerl. Ostrazismus – die Gesellschaft diskriminiert, was die Gemeinschaft heute in ihrer unendlichen Güte wieder aufhebt – am besten durch die Heilswirkung von Symbolen wie Regenbögen und Gendersternchen.* Die Macht schützt die Ohnmacht. Beide lieben sich. Wunderbar. „Eiapopeia“, würde Heine rufen. Alles wird gut. Das ist die heile Welt, Heile, heile, Mäusespeck!

So scheint es auch dieser moderne Soziologe Bratton zu lieben: „Soziale Beziehungen werden nicht einfach durch eine Ansammlung von Individuen erzeugt; Individuen werden durch ihre sozialen Beziehungen erzeugt“, sagt er der Sonntagsausgabe der ‚FAZ‘. Wer die sozialen Beziehungen steuert, der steuert die Menschen. So hätten sie’s gerne, die Politiker, die sich auf Macht über Menschen vorbereiten – nicht in Gottes Namen und von dessen Gnaden, sondern im Namen der Natur, dieser nicht gerade auf demokratischen Prinzipien basierenden Supermacht. Sie ist das neue „übermenschliche soziale Wesen“, das nun wirklich alles erfasst, alle Lebewesen, alle Existenzen, alle Seinsformen. Die Menschen sind da nur ein Faktor – mit genau so viel Stimmrecht wie ein Juchtenkäfer. Wir sind egalitärer Teil der Natur, deren Natur allerdings – und jetzt kommt doch der Mensch mit seiner Überlegenheit ins Spiel – nunmehr als ein System gesehen wird. Systeme sind menschlich, geronnen aus Realität und Imagination. Sie sind aber auch übermenschlich. Sie stehen als unsere Geschöpfe zugleich über uns.  Nur wir, die Menschen, sind in der Lage, so etwas wie die Natur als ein System zu erkennen. Mit schrecklichen Folgen. Denn diese Erkenntnis trieb dereinst Adam und Eva aus dem Paradies. Ein Zurück zur Natur kann es für uns nicht geben, sagt Friedrich Nietzsche, „denn es gab noch nie eine natürliche Menschheit“.[11] Irgendwie wahr. Die Natur ist uns ein Herrschaftsinstrument. Wir können gar nicht anders. Das ist unsere „Natur“. Sie wird uns ein Instrument der Macht – über Menschen. Das Ergebnis ist so, wie Jaspers vorhersagte: 

Wir sind weder Demokratie noch unfrei. Wir sind systemreif. 

BISHER ERSCHIENEN


Teil 1: Der Zukunftsschock  // Teil 2: Der Sturz des Menschen // Teil 3: Das Prinzip Verantwortung //Teil 4: Fehler im System // Teil 5: Goethe und der Maschinenmensch // Teil 6: Unter dem Himmel des Friedens // Teil 7: Auf dem Weg ins Wolkengooglesheim // Teil 8: Die Seele und der Prozess // Teil 9: In diktatorischer Vertikalität // Teil 10: Über das Über-Über-Ich // Teil 11: Die demente Demokratie // Teil 12: Welt der Befehle // Teil 13: Fridays sind für die Future // Teil 14: Das Systemprogramm // Teil 15:  Die alltägliche Auferstehung // Teil 16: Vater User, der Du bist im Himmel // Teil 17: Der Prozess // Teil 18: Unter Zeitzwang // Teil 19: Die Uran-Maschine und das Jetzt // Teil 20: Die digitale Stallfütterung // Teil 21: Die unpolitische Politik  // Teil 22: Verordnung statt Ordnung // Teil 23: 1974 - Das verlorene Jahrzehnt // Teil 24: Die Pandemokratie //  Fortsetzung folgt

16 Kommentare:

Besserwisser hat gesagt…

Allgemeine Relativitätstheorie - oder spezielle Relativitätstheorie?
Man frage Albert Einstein und erwarte eine schlüssige Antwort in Lichtgeschwindigkeit 😎

Anonym hat gesagt…

So sehr ich mich auch bemühte, ich habe mich oft mit mir in schlechter Gesellschaft befunden.

Anonym hat gesagt…

> Der Adler fliegt allein. Der Rabe scharenweise. Gesellschaft braucht der Tor und Einsamkeit der Weise. < Friedrich Rückert

Anonym hat gesagt…

"Allein: In schlechter Gesellschaft."
Ambrose Gwinnett Bierce (1842 - 1914), genannt Bitter Pierce, US-amerikanischer Journalist und Satiriker, in "Des Teufels Wörterbuch" (The Cynic's Word Book), 1906 (1909 als »Devil’s Dictionary« in ›Collected Works‹, Vol. 7)

Analüst hat gesagt…

"Mit der Gesellschaft zu leben – welche Qual! Aber außerhalb der Gesellschaft zu leben – welche Katastrophe!"
Oscar Wilde

Anonym hat gesagt…

In der Demokratie heißt es: mit Schafen heulen.
Johannes Groß Publizist, Journalist, FAZ-Kolumnist

Anonym hat gesagt…

Wenn Ricarda Lang interviewt wird, hat sie anfangs auf ihrem Gesicht einen duldsamen Seelenfrieden, der die Ausweglosigkeit ihrer Anstrengungen verdeckt - bevor ihr Wortschwall alle Sympathien fortreißt.

Anonym hat gesagt…

Falschheit, die - Wahrheit, der die Tatsachen nur unvollkommen angepasst sind.
Ambrose Bierce Des Teufels Wörterbuch
Haffmanns 1986

Besserwisser hat gesagt…

Franz Josef Strauß meinte, Johannes Gross küsse jedes seiner Worte. Darin lag auch die Feststellung eines besonders hohen Maßes an Eitelkeit des sehr begabten Mannes, der allerdings früh – in seinen Büchern "Die Deutschen" (1967) und "Absagen an die Zukunft" (1970) – hatte erkennen lassen, daß die entscheidenden politischen Fragen erledigt, jedenfalls keine Anstrengung von seiner Seite mehr wert seien.

Wie er sich doch irrte!

Anonym hat gesagt…

💋💋💋

Anonym hat gesagt…

Das Zeitalter des Datenschutzes ist das Zeitalter der dreistesten Schnüffelei im Privatleben, die es je gegeben hat. Es gibt Zeitschriften, die sich beim Leser einschmeicheln, indem sie kraftvoll für das eine kämpfenund das andere ungeniert betreiben, oft in derselben Nummer.
Johannes Groß, Publizist
März 1983 FAZ
Hat er da etwa den Spiegel gemeint?

Besserwisser hat gesagt…

Dessen Herausgeber er später doch nicht werden durfte? 🤣🤣🤣

Anonym hat gesagt…

»De mortuis nihil nisi bene«
oder
Agatha an der Bahre des Paten

Chumm, Agethli, und förcht der nit,
i merk scho, was de sage witt.
Chumm, bschau di Götti no ne mol,
und briegg nit so; es isch em wohl.

Er lit so still und fründli do,
me meint, er los und hör mi no,
er lächlet frei, o Jesis Gott,
as wenn er näumis sage wott.

Er het e schweri Chranket gha.
Er seit: »Es griift mi nümmen a,
der Tod het jez mi Wunsch erfüllt
und het mi hitzig Fieber gstillt.«

Er het au menge Chummer gha.
Er seit: »Es ficht mi nümmen a,
und wienis goht, und was es git,
im Chilchhof niede höris nit.«

Er het e böse Nochber gha.
Er seit: »I denk em nümme dra,
und was em fehlt, das tröst en Gott
und gebem au ne sanfte Tod.«

Er het au sini Fehler gha.
's macht nüt! Mer denke nümme dra.
Er seit: »I bi jez frei dervo,
's isch nie us bösem Herze cho.«

Er schloft, und luegt di nümmen a,
und het so gern si Gotte gha.
Er seit: »Wills Gott, mer werde scho
im Himmel wieder zsemme cho!«

Gang, Agethli, und denk mer dra!
De hesch e brave Götti gha.
Gang, Agethli, und halt di wohl!
Di Stündli schlacht der au ne mol.
Johann Peter Hebel (1760 - 1826), Dichter aus dem alemannischen Sprachraum Südbadens

Anonym hat gesagt…

Hä?

Anonym hat gesagt…

😃

Anonym hat gesagt…

🤣