Mark-Steine 1948
Erinnerungen an die Einführung der D-Mark am 20. Juni 1948
Wochenschau 1948
Unser Geld sah aus wie der Dollar - kein Wunder, die D-Mark wurde in den USA gedruckt.
Das Geld war 500 Tonnen schwer. Gedruckt worden war es in
den USA und in Großbritannien. Die D-Mark kam. Am Sonntag, 20. Juni 1948, bekam
jeder Bundesbürger für 40 Reichsmark 40 Deutsche Mark. Firmeninhaber erhielten
pro Mitarbeiter 60 Mark zusätzlich. Alles Bargeld musste abgeliefert werden.
Wer altes Geld auf der hohen Kante gespart und bei einer Bank deponiert hatte,
sah sein Vermögen im Verhältnis 100 zu 6,5 geschrumpft. Es war zugleich das
Ende der Zigarettenwährung. Wer meilenweit für eine "Camel" ging,
musste sechs Reichsmark dafür auf dem Schwarzmarkt bezahlen. Da die Sowjetzone
anschließend ihre eigene Währungsreform durchzog, war damit praktisch auch die
Teilung Deutschlands vollzogen. Fragt man Deutsche nach dem wichtigsten
Ereignis in der Geschichte der Bundesrepublik, dann ist es die Währungsreform -
nur noch übertroffen von dem Fall der Mauer und der Wiederherstellung der
Einheit. Heute wäre die Mark 65 Jahre alt geworden - und sie wäre in Rente
gegangen, als "Renten-Mark". Stattdessen haben wir den Euro, dessen
Einführung ganz bestimmt nicht den Nimbus erhalten wird wie die Währungsreform
von 1948.
Erinnerungen der Prominenten
»Meine 40 Mark Kopfgeld habe ich wie jeder andere
Staatsbürger ausgegeben. Ich gehörte ja in jenen Tagen zu den wenigen, die um
die näheren Umstände der Währungsreform wussten - und die gewiss nicht ohne
Sorgen - dennoch dem Gelingen der Aktion vertrauten.«
Ludwig Erhard, für viele der "Vater der D-Mark"
»Ich bekam von meinen Eltern vom neuen Geld jede Woche 50
Pfennig Taschengeld. Davon habe ich Kino-Eintritt bezahlt und Kuchenteilchen
gekauft.«
Helmut Kohl, Politiker
»Ich hatte kurz vor der Reform einen VW erstanden. Wenig
später erwischte mich die Polizei: Ich war zu schnell gefahren. So mußte ich
von meinem ersten neuen Geld ein Strafmandat bezahlen.«
Annemarie Renger, Politikerin
»Ich habe für die Hälfte von meinen 40 neuen Mark Benzin
gekauft, um mit meinem Wagen politische Versammlungen der CSU in Bayern
wahrnehmen zu können.«
Franz Josef Strauß, Politiker
»Meine Tochter Louise wollte in den Schulferien zu Freunden
fahren. Da habe ich ihr von meinem Kopfgeld ganz spontan eine Reisetasche
gekauft.«
Grete Schickedanz, Unternehmerin
»Wahrscheinlich habe ich die ersten 40 Mark zum größten Teil
für Lebensmittel ausgegeben. Ich mußte auch meine Zimmermiete - sie betrug
damals 20 Mark - schon für diesen Juni-Monat in D-Mark bezahlen.«
Hans-Jochen Vogel, Politiker
»Ich bemalte Keramik in Kronach in Oberfranken. Vom neuen
Geld kaufte ich meinem damals sechsjährigen Sohn Wolf-Dieter eine Lederhose.
Meine Frau war erst entsetzt, aber dann hat sie sich doch mitgefreut.«
Johannes Steinhoff, General a.D.
»Die erste D-Mark hatte die Familie zusammengelegt, damit
ich an einer Gaststelle an der Physiologie in Göttingen arbeiten konnte. Da bin
ich von München hingeradelt; geschlafen habe ich auf einem Feldbett im Labor.«
Ernst S. Büchert, Mediziner
»Vor dem 20. Juni 1948 arbeitete ich als Steinmetz in
Düsseldorf auf dem Bau, das heißt ich besserte die Kriegsschäden an einer Bankfassade
auf der Königsallee aus - und ein Stockwerk tiefer - wir Steinmetzlehrlinge
konnten es durch die löchrige Decke sehen - wurde das neue Geld gehäufelt.«
Günter Grass, Schriftsteller
»Mein erstes D-Mark-Geschäft war der Verkauf von 1000
Dutzend Handtüchern. Wir haben sie unter Mithilfe von Bekannten von Tür zu Tür
verkauft.«
Josef Neckermann, Unternehmer
»Es war etwas sehr Unoriginelles, was ich mit dem neuen Geld
angefangen habe. Ich kaufte weder Sahnetorte noch Kognak oder Filzpantoffeln,
sondern es wird wohl Brot und Butter gewesen sein. Wir haben den 20. Juni ohne
Steinhäger und Festivitäten verbracht, wir brauchten die 40 Mark dringend, um
nicht elend des Hungertodes zu sterben.«
Hans-Joachim Kulenkampf