Donnerstag, 9. Juli 2009

Kommentar: Wird Windows nun ausgegoogelt?

Wahrscheinlich ist es die intelligenteste Firma der Welt. Wahrscheinlich ist es das Unternehmen, das ebenso still und heimlich längst die geistige Oberherrschaft über die IT-Szene übernommen hat wie zu Beginn der neunziger Jahre Microsoft. Wahrscheinlich wird sie aber auch - so wie zuvor IBM und danach Microsoft - nur echte zehn Jahre im Zenith der Macht stehen können. Macht ist etwas, das sich verbraucht - um so schneller, je größer man wird. Denn wenn man schon die intelligentesten und kreativsten Köpfe an Bord hat, dann wird es immer schwerer dieses Niveau zu halten. Meistens kann man sich umso länger an der Macht halten, je intensiver ein Feindbild gepflegt wird.
Vor 25 Jahren prügelte der damalige Computerhersteller Apple, heute ein komplett transformiertes Multimediahaus, auf "Big Brother", also auf IBM, ein. Und alle liebten Apple. Aber die Macht übernahm ein anderer, dem es gelang, Big Blue in seinem (auf Gegenseitigkeit beruhenden) Hass regelrecht vorzuführen. Das war Microsoft. Doch dann neutralisierte sich IBM in ein graues Etwas, in einen fast schon anonymen Servicegiganten, der Microsoft so gut wie keinen Widerstand mehr entgegenbrachte. Und damit verlor auch Gründer Bill Gates allmählich die Lust und konzentrierte sich auf seine Rolle als größter Wohltäter der Welt.
Aber da war einer, der sich zwar auch mit den Machthabern der Welt anlegte, mit IBM als Sun und mit Microsoft als Novell, doch der ganz große Triumpf gelang ihm nicht. Nun stößt er zu - mit Google. Gegen Microsoft. Sein Name ist Eric Schmidt, seit 2001 Chef von Google.
Wie dereinst Apple und Microsoft im Kampf gegen IBM so kommt auch Google mit dem gestern vorgestellten Desktop-Betriebssystem Google Chrome OS von unten. Mit einem Leichtgewicht. Nicht dass Chrome OS nun den Markt im Sturm nehmen wird, die neue Offensive ist nur eine Bestätigung dafür, dass Betriebssysteme - Vista hin, Windows 7 her - jetzt endgültig den Status der Belanglosigkeit erreicht haben. Die Faszination ist dahin. An den Staammtischen gehört die Bewunderung längst Google. Dass man nun auch anfängt, Google zu hassen ist nur eine Bestätigung, dass das Unternehmen die Spitze erklommen hat.
Willkommen im Jahr der Machtübernahme: Google - die nächsten zehn Jahre gehören Dir.

Siehe auch:
Wall Street Journal, 9.7.2009, Jessica Vascellaro, Don Clark: "Google Targets Microsoft's Turf"
New York Times, 8.7.2009, Miguel Helft, Ashlee Vance: Google Plans a PC Operating System
Googles offizieller Blog

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