Aus dem Buch "Das bedrohte Ich" von Paul Reiwald aus meinem Geburtsjahr 1952, das - auf welchen Wegen auch immer - seinen Weg in meine Bibliothek fand, flatterte mir diese obige Korrigenda entgegen, die dann in dem Buch selbst geisterhandschriftlich bereits erfüllt worden war. (Ich war's nicht, schon gar nicht 1952) Und da ich schon dabei war, wieder einmal in dem Werk, dem mein bedrohtes Ich ansonsten immer etwas hilflos gegenüberstand, herumzustöbern, fiel mir folgende Textstelle auf, die ich wohl selbst einmal kulihandschriftlich angestrichen habe:
"Gerade weil die ungeheure Maschine unserer Industriezivilisation den einzelnen erbarmungslos in ihre Formen presst, muss er Widerstand leisten. Und er leistet ihn, indem er sich ernst nimmt. Er muss versuchen - eine schwere Aufgabe - Mensch außerhalb seiner Arbeit zu bleiben."
Der Psychologe Reiwald ahnte nicht, dass unsere Erziehung von der Industriezivilisation zu einer Digitalzivilisation diese schwere Aufgabe nahezu unmöglich gemacht hat. Ansonsten teile ich mit, dass ich gut ernährt bin, aber bei einem BMI von 23 keineswegs "adipös" bin, wie mein Kardiologe jüngst in seiner Diagnose behauptete. Da fühlte sich mein Ich trotz seines Bauchansatzes durch diese digitale Falschaussage ganz schön bedroht. Ich glaube, mein bedrohtes Ich, das sich ernst nimmt, verlangt nach einem Faktencheck...
5 Kommentare:
Ein BMI 23 ist fast schon unterernährt – ein IBM 1984 jedoch fast am Orwell-Limit des Blauen Wunders 😎
Man unterscheide zwingend zwischen Bauch und Bauchansatz: Nach deinem 40. Geburtstag hast du die Wahl zwischen einem Bauch ohne Falten oder Falten ohne Bauch!
"Das bedrohte Ich" ist mit zwei verschiedenen Untertiteln erschienen: 1. "Psychologischer Führer durch die Wirren unserer Zeit" und 2. "Über Erziehung und Selbsterziehung."
Klingt beides interessant, zumal Reiwalt ja auch Dozent für Kriminalpsychologie an der Berliner Universität war und in der Tradition derjenigen Kriminalpsychologen stand, die Strafen und Straftaten psychoanalytisch erklärten...
"Das blaue Wunder" - erschien vor 40 Jahren. Da war IBM auf ihrem Höhepunkt. Von da an ging's bergab. Was ich damals nicht sah, war, dass das Management mit dem Ausverkauf begonnen hatte.
Und zu Reiwald: Er war jemand, der sich als Psychologe wirklich für das Individuum interessierte - und nicht - wie heute üblich - zu Statistiken über uns. Ich habe sehr oft in dieses Buch hineingeschaut und bin nie wirklich damit fertig geworden. Vielleicht bin ich schon viel zu verdorben von diesen stets auf Statistiken beruhenden Wissenschaften.
Das ist genau das Dilemma: Die Statistik sagt rein gar nichts über Individuum aus. Mit dem muss man sich schon explizit beschäftigen, um etwas zu erfahren...
Kommentar veröffentlichen