Montag, 7. Februar 2022

Die Vernunft der Angst: Das Virus im Kopf

Anlass: Die Genfer Konvention gegen Biowaffen wird jetzt 50 Jahre alt. 

Eine unzeitgemäße Betrachtung von Raimund Vollmer


Im Jahr 2000 veröffentlichte die Tageszeitung "Die Welt" ein ganzseitiges Interview mit dem Wissenschaftler Ken Alibek, der - 1950 in Kasachstan geboren - zwischen 1975 und 1992 für die UdSSR/Russland Biowaffen erforschte und dann in die USA floh. Hier informierte er die Regierung über die russischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Biowaffen und half mit, Schutzmaßnahmen zu entwickeln. In diesem Interview vom 9. Mai 2000 sagt er: "Mehr als 70 verschiedene Krankheitserreger lassen sich heute in Biowaffen einsetzen. Natürlich wäre es eine Idee, Impfungen durchzuführen, aber es ist unmöglich alle Menschen gegen 70 Erreger zu impfen." Mich hat dieser Artikel, dem noch eine zweite Seite über Biowaffen gegenüber gestellt wurde, deshalb sehr berührt, weil er ein Kernproblem meines Berufsstandes betrifft. 

Wir berichten ausführlich über die Möglichkeiten von mehr oder minder geheimen Einsätzen von Biowaffen (wie Bakterien oder Viren), um uns dann zu empören, wenn daraus Verschwörungstheorien entstehen - wie das jetzt der Fall ist. 

Ein Jahr zuvor hatte Ken Alibek im Spiegel vom 17. April 1999 über das berichtet, "was Ende der achtziger Jahre in China passiert ist. Da sind, wie ich damals von Geheimdienstlern erfuhr, nach einem Unfall zwei Virusepidemien ausgebrochen." Wahrscheinlich sind solche und andere Geschichten längst vergessen, aber sie sind ins kollektive Unterbewusste eingegangen und haben jederzeit die Chance, wiedererweckt zu werden - als Verschwörungstheorie. 

Um solche Gedanken von vornherein zu diskreditieren werden sie neuerdings im Journalismus gerne als "Verschwörungsmythen" oder "Verschwörungsideologien" bezeichnet. Uns ist der Begriff der "Theorie" offensichtlich zu heilig. 

 1997 veröffentliche das Zeitmagazin (14.11.1997) einige dieser "Verschwörungstheorien" und kommentierte die Plausibilitä. Es ging dabei auch um das "Aids-Virus". Das Magazin schreibt mit ironischem Unterton: "Ganz klar: Das AIDS-Virus stammt aus einen Geheimlabor der CIA." Und über die Plausibilität: "Einem Geheimdienst ist alles zuzutrauen." Die Anhänger dieser Theorie seien "ein Teil der Kranken, zuletzt auch die 'Prawda'". So unbekümmert gingen wir damals mit "Theorien" um. Und heute grassiert die Angst davor, dass sich die Gedanken und Theorien, die längst praxiserprobt sind, verselbständigen. Sie werden tabuisiert, als könne man sie damit aus der Welt schaffen. Es klingt so, als dürfe ich über Theorien reden, aber nicht über Mythen oder Ideologien. 

Was herrscht ist die Vernunft der Angst. Ich gebe zu: Das macht mir Angst. 


Ich wollte diese Meinungsäußerung auf Facebook veröffentlichen, wurde mir aber untersagt. Damit erübrigt sich die Frage nach dem Ethos von uns Journalisten. 

KI hat übernommen.


Raimund Vollmer

 

11 Kommentare:

Besserwisser hat gesagt…

Angst ist kein guter Ratgeber. Und dass der Journalyst die Analyse offenbar aufgibt, scheint mir ein Armutszeugnis. Es ist auf jeden Fall wider aller Vernunft. Diesen Kommentar bitte ohne KI schnellstmöglich löschen!

Anonym hat gesagt…

Bitkom heute: 86 Prozent der Deutschen mit Verschwörungstheorien konfrontiert. Fast die Hälfte der Menschen hat Probleme, Verschwörungstheorien zu erkennen

Raimund Vollmer hat gesagt…

Warum? Ich habe keine Angst. Bin dreimal geimpft und kein Anhänfger irgendeiner Verschwörungstheorie. Ich sehe nur, dass das, was gestern in großer Aufmachung als Möglichkeit in die Welt gesetzt wurde, heute als Unmöglichkeit klassifiziert wird. Die Frage, die sich der Journalist stellt, ist doch die, ob er dem Bildzeitungsinfantilismus folgen darf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, oder es aushält, Kontrapunkte zu setzen. Ich habe damit nicht sagen wollen, dass diese Verschwörungstheorie stimmt, sondern dass wir ihr lange zuvor Nahrung gegeben haben, die wir jetzt nicht mehr wahrhaben wollen. Ich mag diese Doppelmoral nicht. Und schon gar nicht mag ich diese Manipulationen an unserer Sprache. Was Institutionen sagen, ist Theorie, was Menschen daraus machen, ist dann Ideologie oder Mythos. Diese elitäre Erhabenheit - ich würde fast sagen: Besserwisserei - ist längst das neue Spießertum.
Wenn Journalismus sich nur danach richtet, was gerade an Meinung oder Analyse erlaubt ist, dann wissen wir, wohin das führt. Damit das klar ist: Ich habe hier nicht sagen wollen, dass irgendwelche Geheimdienste das Corona-Virus losgelassen hat, sondern nur, dass das Entstehen dieses Gedankens seine Gründe hat. Aberwahrscheinlichist es schon nicht mehr erlaubt, solchen Fragen einmal nachzugehen. Lieber Besserwisser, eigentlich sollten Sie dies auch wissen. Die Angst sitzt nicht in mir.

Raimund Vollmer hat gesagt…

Damit auch der Widerspruch geklärt ist: Ich habe allerdings Angst vor der Selbstgerechtigkeit,mit der u.a. mein Berufsstand hantiert. Das erhöht nämlich nicht das, was er sich selbst so stark herbeisehnt: die eigene Glaubwürdigkeit. Ich sehe nur, dass sich beide Seiten, permanent jeweils auf Kosten der anderen profilieren.

Besserwisser hat gesagt…

Ärzte, Journalisten, Politiker, Wirtschaftsbosse, Wissenschaftler kann man leider allzuoft in einen Sack stecken: Sie halten sich selbstgerecht für elitär! Etwas mehr Bodenständigkeit täte allen gut. Und eine kleine Anmerkung: Was Institutionen sagen, ist Theorie, was Menschen daraus machen, ist dann gelebte Praxis. Leider! Der Respekt geht allerorts verloren – und Rücksicht ist ein Fremdwort, das mit rückständig verwechselt wird. Leider! Leider! Und zur Herkunft der Verschörungstheorien frag nach bei der "Institution" Trump: Der sprach vom "China-Virus"! Dieses Beispiel zeigt auch: Wir brauchen unbedingt verlässlich und glaubwürdige Institutionen!

Analüst hat gesagt…

Lieber Besserwisser: Wir sind es doch, die irgendwelche Organisationen zu Institutionen machen – seien es Kirchen, Fußballvereine oder Querdenker. Das ist gelebte Praxis. Ich lebe seit Jahren nach der Devise „Jeder kriegt mein Vertrauen, bevor er nicht bewiesen hat, dass er es nicht verdient.“ Meine Frau sieht es andersherum: Bevor sie jemandem vertraut, muss die Person ihr erst beweisen, dass sie ihr Vertrauen verdient. Das ist schwer für alle, mit denen man eigentlich nix zu tun hat...

Raimund Vollmer hat gesagt…

Da spricht jetzt wieder mein lieber alter Besserwisser. Ich sehe es ebenso: denn genau in diese Richtung war ja meine Betrachtung gemeint - diese Scheinheiligkeit. Ich habe mit Absicht keinen Bezug zu Trump genommen, weil der aus meiner Sicht schon den puren Zynismus betrieb. Den unterstelle ich meinem Berufsstand noch nicht, allenfalls zu wenig Selbstreflexion. Sind wir jetzt wieder "d'accord"?

Besserwisser hat gesagt…

Yes, we are!

Anonym hat gesagt…

Wer nicht zynisch ist will einen Journalismus, der auch fragt: Wie kann es weitergehen? Einen Journalismus, der auch Lösungen diskutiert und nicht nur Probleme beschreibt. Gute Journalisten antworten auf die Fragen der Zyniker mit einem Leuchten in den Augen: Genau die Denkweise der Zyniker ist das Problem!

Anonym hat gesagt…

Verständnisfrage: Was hat Facebook mit Journalismus zu tun???

Raimund Vollmer hat gesagt…

Die Frage, wie soll es weitergehen, ist sehr berechtigt. Ich werde darüber nachdenkebn, dachte aber bislang, sie darin zu sehen, dass man sich selbst reflektiert. Vielleicht ist das zu wenig - vielleicht ist das aber auch zuviel verlangt.