Alle Gewalt geht vom Volke aus. Das ist der Grund-Satz jeder Demokratie. Es ist der komplette Gewaltverzicht des Souveräns, des Bürgers, der erst eine Demokratie zu einer Demokratie macht - unter einer einzigen, aber alles entscheidenden Bedingung. Das Gewaltmonopol bekommt der Staat nur dann (und wirklich nur dann!!!), wenn er anschließend die Gewalt auftrennt - in Legislative, Jurisdiktion und Exekutive. Diese drei Gewalten - und nur deshalb genießt der Staat dieses Privileg - kontrollieren sich gegenseitig. Idealerweise dürfte sogar die Bundeskanzlerin als Teil der Exekutive überhaupt nicht Mitglied des Bundestages, also der Legislative, sein. Aber der Versuch, die von den geistigen Vätern aller demokratischen Verfassungen geforderte Gewaltentrennung (Gewaltenteilung ist übrigens der falsche und auch irreführende Begriff) aufzuweichen, bestimmt seit der Amerikanischen und Französischen Revolution die Verfassungswirklichkeit. Dabei ist die Gewaltentrennung für eine Demokratie wesentlicher als das Recht zu wählen.
Wenn Edward Snowden ein Verdienst gehört, wenn er nicht sogar deshalb den Friedensnobelpreis verdient hätte, dann ist es, dass er mit seinem Whistleblowing die Maskerade der demokratisch und mit besten Absichten gewählten Regierungen hinweggepustet hat. Sie müssen zugeben, dass im Innersten ihres Staates Elemente existieren, die sich jeglicher Kontrolle entziehen, aber sich das Recht herausnehmen, alles zu kontrollieren. Diese Elemente sind nicht durch den Grund-Satz der Demokratie legitimiert - jedenfalls solange nicht, solange sie nicht kontrolliert werden und zur Verantwortung gezogen werden können. Und die parlamentarischen Ausschüsse, die zum Beispiel in der Bundesrepublik nun behaupten, dass sie eigentlich nur pro forma existieren, weil sie über das, was in den Geheimdiensten geschieht, nichts wirklich wissen, sollten sich schämen. Sie haben hinter sich den Gesetzgeber, sie sind Teil der Legislative, die dies hätte längst ändern können. Und sie kennen das Dilemma nicht erst seit Snowden. Was unsere Gerichte anbelangt, also die Jurisdiktion, müssen wir wohl auch annehmen, dass sie zur Enttäuschung beitragen.Sie hätten zum Beispiel nachfragen müssen, ob es noch Geheimverträge aus der Zeit vor 1990 gab, als Deutschland noch nicht die volle Souveränität besaß. Sie hätten darauf bestehen müssen, dass solche Verträge annulliert werden. Die Exekutive mit all ihren Spielarten hat sich in unserer Republik sehr bequem eingerichtet und maßt sich Rechte an, die sie so nicht besitzt, jedenfalls nicht ohne Kontrolle. Und eine IT-Branche, die in Deutschland das Thema "Kontrolle" so gerne verkauft, sollte sich bis in ihre innerste Seele schämen, dass sie alles liefert, um den Bürger zu kontrollieren (im Internet und sonstwo), aber so wenig, um den Staat in seiner demokratischen Balance zu halten.
Es ist jetzt die verdammte Pflicht der Parlamente, dies zu ändern. Ein Vorschlag im Zeitalter von Big Data und billigster Kommunikationssysteme und für den Anfang: Jeder Bürger wird mit einer Zeitverschiebung von fünf Jahren darüber informiert, was von ihm gespeichert worden ist. Dann ist die akute Geheimhaltung gewahrt, und trotzdem bleibt der Bürger Herr seiner Daten.
Alle Gewalt - und damit alle Daten - gehen vom Volke aus. Genau dem müssen sich die Staaten im 21. Jahrhundert durch Errichtung von Kontrollen stellen. Sonst ist der Urvertrag gebrochen - und damit auch die Legitimtät jeder Regierung, vielleicht sogar der Legalität.
Raimund Vollmer
Ein sehr schöner Beitrag!
AntwortenLöschenJan Drexelius
Nachtrag: Nicht wir müssen in erster Linie kontrolliert werden, sondern die Regierung.
AntwortenLöschenZu diesen Kommentar auf den Punkt fällt mir nur die Frage ein: Ist es nicht ein Jahrtausendproblem der Demokratie?
AntwortenLöschenJau!!!
AntwortenLöschenWahrlich gut gebrüllt Löwe! Wie bist du denn auf die Idee mit der 5-Jahres-Verschiebung gekommen? Gute Idee. Technisch allerdings fraglich. Die Daten könnten sich nach 5 Jahren "von selbst" löschen.
AntwortenLöschenNaja, es geht eigentlich darum, dass das unmittelbare Verhältnis zwischen Bürger und Staat wiederhergestellt wird. Staat und Regierung lösen sich von ihren Bürgern (und wählen sich das Datenvolk aus der Datenwolke). Das Steuersystem wird mehr und mehr über indirekte Abgaben (Steuern sind auch nur Abgaben) geregelt und damit auch das Verhältnis zwischen Steuerstaat und Steuerbürger unterhöhlt. Je mehr sich der Staat von uns Bürgern entfremdet, desto mehr will er über uns (Betonung auf "über") wissen, uns kontrollieren und unser Tun vorhersagen. Und schon verheddern wir uns in einer Problematik, die nur gelöst werden kann, wenn der Staat zur Rechenschaft gezogen werden kann. Direkt. Unmittelbar. Deshalb dieser Vorschlag. Ob fünf Jahre der richtige Zeitraum ist, weiß ich nicht.
AntwortenLöschenSteuern sind keine Abgaben!
AntwortenLöschenDas Hauptunterscheidungsmerkmal zu anderen öffentlichen Abgaben llegt laut Wikipedia darin, "dass die Zahlung von Steuern grundsätzlich keinen Anspruch auf Gegenleistung begründet". (Hihihi - wir dürfe uns also auch nicht über Merkel & Co beschweren).
Wikipedia weiter: Während also der Beitrag für die bloße Möglichkeit, eine Leistung in Anspruch zu nehmen, und eine Gebühr oder Maut für die tatsächliche Leistungsinanspruchnahme erhoben wird, gilt bei der Steuer das Nonaffektationsprinzip. Demnach „erkauft“ man sich mit Steuern keinen Anspruch auf eine konkrete staatliche Gegenleistung. Die Mineralölsteuer beispielsweise ist keine Gebühr für die Straßenbenutzung und die Hundesteuer ist keine Gebühr für die Beseitigung des Hundekots.
Falsch. Steuern unterliegen trotzdem dem Oberbegriff "Abgaben". Es sind besondere Formen der Abgaben - wie von Wikipedia beschrieben. Die Verlagerung auf indirekte Abgabensysteme, auf indirekte Steuern u.a., verschleiern und verfälschen den Staatsverbrauch und entziehen ihn der Verantwortlichkeit gegenüber dem Bürger. Indirekte Steuern sind zudem genau so wenig anspruchsgebunden wie direkte Steuern. Aber sie werden auf Sachen erhoben, nicht auf Personen.
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