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Donnerstag, 13. Juni 2013

Vor 30 Jahren: Das Ende von Amdahls Trilogy (Erinnerung)

Geschichtsbuch 1983: Die Trilogy-Tragödie

Starben die Dinosaurier doch an einer Klimakatastrophe? Paral­lelen aus der Computerbranche scheinen diese am meisten vertre­tene These zu stärken. Ein wichtiges Indiz lieferte dazu 1983 der Vater al­ler Mainframes: Gene Amdahl. Sein Plan einen Großrechner zu bauen, der "zweimal schneller ist als alles, was IBM besitzt, und dabei nur die Hälfte kostet", er­hielt im Frühjahr 1983 einen herben Rückschlag. Nach Regengüssen in Kalifornien war Wasser in die Labors der 1980 mit einem Risikokapital von 150 Millionen Dollar gegründeten Trilogy Systems eingedrungen und hatte einige Geräte zerstört. Mit wafergroßen Chips wollte der Vater der /360 gemein­sam mit seinem Sohn Carl, die gemeinsam 50 Prozent des Aktienkapitals von Trilogy hielten, die IBM‑kompatiblen Mainframe bestücken. Statt 300.000 Dollar pro MIPS sollte der Rechner nur 150.000 Dollar kosten. Doch nach der Wetterkatastrophe in Kalifornien mußte Amdahl seine Pläne, 1984 mit dem ersten Jumbo auf den Markt zu kommen, vorerst begraben. Nun würde es 1985 werden - zu einem Zeitpunkt, zu dem IBM bereits mit der ESA-Familie den nächsten Meilenstein setzte.
Doch nicht IBMs Ankündigung sollte Amdahls Trilogie zerstören. Nach der Konzeption der /360 für IBM und seiner avantgardi­stischen V‑Maschinen für die Amdahl Corp. wollte Gene mit dem Einsatz wafergroßer Logikchips in den Trilogy‑Dinos sein Lebenswerk vollenden. Er scheiterte ‑ nicht am Wetter, sondern an der Technologie. Das war schade für CII‑Honweywell Bull und für die japanische Sumitomo‑Gruppe, zu deren Einflußbereich auch NEC gehört. Sie gehörten zu den stärksten Förderern des Start‑Ups, das so viel Geld wie nie zuvor in der Geschichte des Venture Capitals hinter sich bringen konnte. Die Trilogy‑Systeme kamen nie auf den Markt. Starben die Dinosaurier also daran, dass die Technologie ihnen die Gefolgschaft versagte?
 
Journalyse-Quelle: The Economist, 16.4.83: "Leaks and mips"

Unser Kommentator "Besserwisser" weiß, was Wikipedia weiß und schreibt uns:
Gene gab nicht auf, wie Wikipedia weiß:
"So gründete er 1996 mit anderen zusammen die Firma Commercial Data Servers (CDS), ebenfalls in Sunnyvale, um weiter im Großrechner-Markt mitwirken zu können. Dieses Unternehmen konzentrierte sich auf super-gekühlte Prozessoren für physisch kleinere, kompakte Maschinen. Eine dieser Maschinen, die CDS 1997 produzierte, war die ESP/490 (Enterprise Server Plattform), eine Weiterentwicklung der P/390 von IBM. Das Unternehmen ist heute unter dem Namen Xbridge Systems bekannt und hat andere Schwerpunkte - es produziert Vernetzungssoftware wie Data Host Connect, um Großrechner und offene Systeme zu verbinden. Seit März 2005 wird Amdahl nicht mehr als Mitglied des Managements auf der Homepage von Xbridge genannt.
Im November 2004 wurde Amdahl Mitglied im Board of Advisors of Massively Parallel Technologies. Man nimmt an, dass er sich aus der Industrie weitgehend zurückgezogen hat und sich mehr auf seine beratende Funktion konzentriert.
Vielleicht ist er auch nur in Rente; er ist ja Baujahr 1922"

Nachtrag: Ich hatte das Vergnügen, den Vater der /360 im Jahre 1978 zu interviewen - und bin bis heute stolz auf diese Begegnung mit einem Mann, der - wie alle großen Leute - überhaupt keine Starallüren hatte, sondern sich ganz einfach an seinen Erfindungen erfreute (auch damals beschäftigte ihn das Thema "Kühlung"). Vor allem konnte er sich sehr klar und verständlich ausdrücken (ohne Jargon). Er erzählte übrigens, dass er (Jahrgang 1922) bei seinem Physikstudium gelernt hat, deutsche Texte zu lesen, weil damals Deutsch halt die Weltsprache in der Physik gewesen war. Und er erzählte auch, dass ihm der inzwischen verstorbene John R. Opel, 1978 President der IBM Corp. (und ab 1981? Chairman des Unternehmens) gesagt hat, wenn er mal einen Job suche, er könne jederzeit zur IBM zurückkehren. Dies geschah zu einer Zeit, als die IBM noch die Philosophie des "never come back" pflegte. Die hatte Gene zuvor allerdings schon einmal durchbrochen. Er war etwa 1952 (muss bei Wikipedia oder so noch überprüft werden) zu IBM gekommen, hatte dann das Unternehmen verlassen, um schließlich der "Wernher von Braun" der Computerindustrie zu werden. Er ist weitaus wichtiger für die IT als all die Internet-Gründer der letzten zwanzig Jahre - schon deshalb, weil er weitaus mehr Charakter hatte als all diese Typen zusammen. Die haben Charakter durch Ego ersetzt...
Raimund Vollmer

2 Kommentare:

  1. Gene gab nicht auf, wie Wikipedia weiß:
    So gründete er 1996 mit anderen zusammen die Firma Commercial Data Servers (CDS), ebenfalls in Sunnyvale, um weiter im Großrechner-Markt mitwirken zu können. Dieses Unternehmen konzentrierte sich auf super-gekühlte Prozessoren für physisch kleinere, kompakte Maschinen. Eine dieser Maschinen, die CDS 1997 produzierte, war die ESP/490 (Enterprise Server Plattform), eine Weiterentwicklung der P/390 von IBM. Das Unternehmen ist heute unter dem Namen Xbridge Systems bekannt und hat andere Schwerpunkte - es produziert Vernetzungssoftware wie Data Host Connect, um Großrechner und offene Systeme zu verbinden. Seit März 2005 wird Amdahl nicht mehr als Mitglied des Managements auf der Homepage von Xbridge genannt.
    Im November 2004 wurde Amdahl Mitglied im Board of Advisors of Massively Parallel Technologies. Man nimmt an, dass er sich aus der Industrie weitgehend zurückgezogen hat und sich mehr auf seine beratende Funktion konzentriert.
    Vielleicht ist er auch nur in Rente; er ist ja Baujahr 1922

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  2. Danke für diesen Beitrag, den ich in die Story einbringen werde.

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